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Geschichte: „Bonner Republik“ als Kanzler-Defilee

Erhard, Brandt, Schmidt, Kohl - ARD-Doku über "eine gelungene Demokratie". Wenn da nur nicht immer die Orchesteraufwallungen wären.

Von Caroline Fetscher

Aus Trümmern, Schuld und Asche erhob sich die junge Bundesrepublik, einen Kanzler der Großvatergeneration an der Spitze. Konrad Adenauers langes Gesicht ist zu sehen, in Schwarz-Weiß, in Sorge. Aufbauarbeit, Ostflüchtlinge, Kriegsheimkehrer, Besatzungsstatut – die Menge der Szenen, die man brauchen würde, um die damalige Lage und die Zustände der Zeitgenossen zu bebildern, wäre groß. Für ihre zweimal 45 Minuten ARD-Geschichte der „Bonner Republik“ entschieden sich die beiden Autoren Heribert Schwan und Rolf Steininger dazu, im Defilee der Kanzler die Geschichte der Republik zu skizzieren.

Großen Männern fällt hier die Aufgabe zu, Epochen-Markierungen abzugeben, Meilensteine, an denen man sich entlanghangeln kann: Ludwig Erhards Wirtschaftswunder, Willy Brandts Ostpolitik, Helmut Schmidts Kampf gegen den Terrorismus, Helmut Kohl und der Glücksfall Gorbatschow, die Versprechung von den blühenden Ost-Landschaften, der vom Abschied gerührte Kohl, wie er Nachfolger Schröder nach dessen Amtseid gratuliert. Noch lebende Protagonisten dürfen die Vorgänge aus dem Off oder voll im Bild kommentieren. Am Ende heißt es, und ja durchaus zu Recht: „Die Bonner Republik, eine gelungene Demokratie.“

Leider aber suggeriert eine derart auf „große Männer und Macher“ zentrierte Zeitraffer-Historie weniger Augenmerk auf demokratische Lernschritte, als eine Fixierung auf Autoritäten – wie sie vielleicht erst jetzt, unter der bescheiden-pragmatischen Angela M., allmählich endet.

Dass der Film zur „Bonner Republik“ hart am Rand von Propaganda vorbeischrammt, dazu trägt auch die musikalische Untermalung bei. Irritiert meint man manchmal, irgendwo nebenan liefe ein dramatischer Spielfilm, derart insistent sind Bläser, Streicher, Orchesteraufwallungen zu hören. Kaum ein Zeitzeuge darf hier einen Satz sagen, ohne von wogenden, triumphalen oder melancholischen Klängen begleitet zu werden. Der Terror eskalierte? Die Klänge werden dräuender. Honecker blieb stur? Klavierakkorde gesellen sich zu den knochentrockenen, knappen Kommentaren von Helmut Schmidt. So wird nahezu jede Szene akustisch überschwemmt, als trauten die Filmemacher den Bildern und Aussagen keine eigene Atmosphäre zu. Auch das ist schade. Caroline Fetscher

Mittwoch, "Bonner Republik“, ARD, 22. und 29. April, jeweils 23 Uhr 30

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