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2013 soll eine Haushaltsabgabe die alte Rundfunkgebühr ablösen.

© dpa

GEZ-Rebell: „Ich rechne nicht mit einer Niederlage“

Zahlung ohne Gegenleistung: Ermano Geuer klagt als erster Bürger gegen das neue Gebührenmodell, das jeden Haushalt zur Abgabe für ARD und ZDF verpflichtet.

Herr Geuer, Sie haben beim Bayerischen Verfassungsgericht eine Popularklage gegen den Rundfunkbeitrag für alle Haushalte und Betriebe eingereicht, der 2013 die gerätegestützte Rundfunkgebühr ablösen wird. Sind Sie empört oder wollen Sie Rechtsgeschichte schreiben? Immerhin sind Sie der erste Kläger in Deutschland gegen das künftige Gebührenmodell.

Zunächst bin ich der Ansicht, dass die eigentlichen Versprechungen des Gesetzgebers, ein faireres und auch besseres Modell zu schaffen, misslungen sind. Es wurde im Vorfeld viel versprochen, wie zum Beispiel die Abschaffung der GEZ oder gar eine Beitragsentlastung und quasi nichts davon gehalten. Für viele Bürger, beispielsweise Studenten, die nur über einen PC mit Internetanschluss verfügen, steigt die Beitragslast stark an. Gleiches gilt für Unternehmer mit vielen Filialen oder großem Fuhrpark. Auf diverse Ungerechtigkeiten hin angesprochen, begann ich in juristischer Fachliteratur zu recherchieren und wurde an mehreren Punkten fündig. So kam mir die Idee, es mit einer Klage zu versuchen.

Wogegen genau richtet sich Ihre Klage?

Die Klage richtet sich konkret gegen § 2 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBeitrStV), § 5 Abs. 1 und 2 RBeitrStV, § 8 RBeitrStV und § 14 Abs. 9 RBeitrStV. Die Vorschriften regeln die Beitragspflicht im privaten und gewerblichen Bereich, sowie Vorschriften, deren Inhalt datenschutzrechtlich relevant ist.

Aha. Geht es auch weniger paragraphenlastig?

Klar. In rechtlicher Hinsicht rüge ich die Verletzung des Gleichheitssatzes durch die Vorschriften. Der Gesetzgeber pauschaliert hier, indem er regelt, dass alle Bürger und Unternehmer einen pauschalen Beitrag zu leisten haben und zwar unabhängig vom tatsächlich möglichen Rundfunkempfang. Für eine solche Pauschalierung braucht er sachliche Gründe. Diese liegen nicht vor. Ein anderer Angriffspunkt ist, dass die Beiträge in Wirklichkeit gar keine Beiträge sind. Bei Beiträgen zieht der Beitragsschuldner einen konkreten Vorteil, respektive er hat zumindest die Möglichkeit dazu. Hier ist aber ein Beitrag zu zahlen, selbst wenn jemand keine Rundfunkgeräte besitzt oder aus seinem betrieblichen KfZ das Radio ausbaut. Folglich ist es eine Zahlung ohne Gegenleistung. Das macht den Beitrag zur Steuer. Für den Erlass einer solchen Steuer haben die Länder im Rundfunkstaatsvertrag aber keine Gesetzgebungskompetenz. Auch so ein Verstoß macht eine Regelung verfassungswidrig.

Heißt eigentlich: Sie ziehen nicht aus persönlicher Betroffenheit vor Gericht, sondern aus „übergeordneten“ Gründen, oder?

Die Besonderheit der Popularklage in der Bayerischen Verfassung ist, dass es – hier liegt der Unterschied zu anderen Gerichtsverfahren – auf die Selbstbetroffenheit gar nicht ankommt. Während also die Beiträge im privaten Bereich mich so betreffen, wie sie jeden Bürger betreffen, bin ich im gewerblichen Bereich nicht betroffen. Trotzdem ist die Regelung dort nicht verfassungskonform. Deswegen greife ich diese auch an.

Brauchen wir die GEZ überhaupt?

Der neue Rundfunkbeitrag zielt auf Gerechtigkeit. Sie sagen, dieses Ziel wird nicht erreicht. Haben Sie eigene Ideen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu seinem Gebührengeld kommen kann?

Eine Sache sei hier vorausgeschickt: Ich habe grundsätzlich nichts gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Finanzierung sollte sich aber nach einer Grundregel richten: Wer nicht am Rundfunkempfang partizipiert, soll nicht bezahlen. Warum sollte ein Hostel, in dem sich keine Rundfunkgeräte befinden, für jedes Gastzimmer Beträge entrichten? Dass staatlicherseits die Möglichkeit abgeschnitten wird, sich auf den nicht vorhandenen Empfang zu berufen, ist höchst problematisch. Außerdem sollten sich auch die Rundfunkanstalten fragen, ob ein so hoher Finanzierungsbedarf überhaupt nötig ist. Brauchen wir unbedingt eine GEZ? Ist nicht die Erhebung an anderer Stelle, etwa bei den Finanzämtern, besser aufgehoben?

Der Bayerische Landtag wie der Bayerische Rundfunk geben Ihrer Klage keine Chance. Entmutigt Sie das oder werden Sie selbst bei einer Niederlage weiterklagen?

Diese Reaktion habe ich erwartet! Wer hält schon seine eigene Regelung für unwirksam? Ich rechne nicht mit einer Niederlage vor Gericht. In der beschlossenen Form werden die Rundfunkbeiträge keinen Bestand haben. Ob ich – für den Fall der Niederlage – den Verwaltungsrechtsweg beschreite, wird man sehen. Ich bin allerdings, was meine Popularklage angeht, sehr zuversichtlich.

Wie ist die bisherige Resonanz?

Ich erfahre große Unterstützung: Privatpersonen und Unternehmer haben sich gemeldet und danken mir für mein Engagement.

Das Interview führte Joachim Huber.

Das neue Gebührenmodell ab 2013 an beruht auf dem Grundsatz: Eine Wohnung, ein Beitrag. Ein Bewohner zahlt den Beitrag für alle in der Wohnung. Nachfragen vor Ort, ob und welche Geräte vorhanden sind und wer diese bereithält, sollen damit wegfallen, sagt die Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Nach deren Berechnungen ändert der Rundfunkbeitrag für über 90 Prozent der Bürger finanziell nichts. Einige zahlen zukünftig aber mehr: Wer bislang nur ein Radio oder einen Computer angemeldet hat oder gar kein Rundfunkgerät bereithält, der zahlt ab 2013 wie alle anderen monatlich 17,98 Euro.

Ermano Geuer, 27, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sicherheitsrecht und Internetrecht der Universität Passau.

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