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Medien: Gib’ mir die Kirsche, Elke

Anne Will porträtiert Günter Netzer in der ARD-Reihe „Legenden“ über Fußballhelden

Zwischen den zahlreichen Sendungen, die sich im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft tummeln, schickt die ARD mit ihrer neuen „Legenden“-Staffel sechs echte Schwergewichte ins Rennen. Sie porträtiert in jeweils 45 Minuten Rudi Völler, Diego Maradona, Günter Netzer, Zinedine Zidane, Uwe Seeler und Pelé. Wobei es sich bei dem Maradona-Film um eine Wiederholung aus dem Jahr 2001 handelt. Da man es aber bei einer Wiederholung belassen wollte, bleibt „Legenden: Franz Beckenbauer“ von 2003 im Archiv. Dessen Autor, der renommierte Filmemacher Christian Weisenborn, durfte mit dem Beitrag über Pelé dem „größten Fußballer aller Zeiten“ ein Denkmal setzen.

Auch sonst sind wieder erfahrene Dokumentarfilmer mit dabei: Wolfgang Schoen (Rudi Völler) hat zahlreiche Filme über die Zeit des Zweiten Weltkriegs gedreht, Ulrike Brincker (Zinedine Zidane) produzierte bereits die „Legenden“ von Marilyn Monroe und John F. Kennedy und Henning Rütten (Uwe Seeler) wurde mehrfach für seinen Film „Die Wunde von Bern“ ausgezeichnet.

Ein Neuling in Sachen Fernsehdokumentation ist hingegen „Tagesthemen“-Moderatorin Anne Will, die zusammen mit Tom Ockers, das Stück über Günter Netzer gedreht hat. Der Mann, der zu den meistverklärten Persönlichkeiten des deutschen Fußballs gehört, räumt hier gut gelaunt mit ein paar Legenden auf. „Die Frauengeschichten, die mir nachgesagt wurden, waren total übertrieben“, findet er. Das bestätigt Elke Sommer, die mit ihm unterm Kirschbaum in der Sonne lag und ihn für eher schüchtern hält. Auch die legendäre Szene im DFB-Pokal-Endspiel 1973, als Netzer sich gegen den 1. FC Köln selbst einwechselte und das Siegtor schoss, beschreibt er ganz nüchtern.

Wunderbar ist die Sequenz, die der Film dem oft zitierten Satz von der „Tiefe des Raumes“ widmet. Der Maler Markus Lüpertz macht eine Skizze dazu, Nationalspieler Wolfgang Overath und Moderator Gerhard Delling geraten mit merkwürdigen Erklärungen ins Stocken und Netzer versucht erst ernsthaft, dann amüsiert eine eigene Definition. Seine große Geschäftstüchtigkeit vom Discobesitzer bis zum „Rechtehändler des Jahrhunderts“ (so die Fifa) wird zum einen durch die Kindheit im elterlichen Kaufmannsladen und zum anderen durch ungebremstes Selbstbewusstsein und Geschick beim Delegieren erklärt. Auch die Geschäftemacherei beim Fußball kommt zur Sprache, wird von Netzer aber mit einem Satz nach dem Motto „Die Clubs profitieren doch davon“ abgehakt. Dazu meint Anne Will: „Um dieses Thema wirklich umfassend zu behandeln, hätte es leider eines eigenen Films bedurft.“

Der Auftaktfilm heute widmet sich Rudi Völlers Karriere und kommt dankenswerterweise ohne den Spitznamen „Tante Käthe“ aus. Zahlreiche Weggefährten tauchen auf vom Klassenlehrer bis zu Reiner Calmund, Ex-Manager des Bundesligisten Bayer Leverkusen.

Das Interview mit dem wie immer staubtrockenen Völler ist nicht halb so unterhaltsam wie seine ersten unsicheren Fernsehauftritte 1980 oder der Ausraster des damaligen Bundestrainers gegenüber Waldemar Hartmann nach dem 0:0 der Nationalelf gegen Island vor drei Jahren. Im Gegensatz zu Günter Netzer ist Völler mit seiner bodenständigen, bescheidenen Art allerdings eine Legende zum Anfassen.

ARD, heute 21 Uhr, Legenden: Rudi Völler, 1. Mai, 21 Uhr 45: Diego Maradona, 8. Mai, 21 Uhr: Günter Netzer, 15. 5. 21 Uhr: Zinedine Zidane, 22. 5, 21 Uhr: Uwe Seeler, 29. 5 , 21 Uhr: Pelé

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