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Medien: Glücksrad

Das lustige Buchstabenraten war der Traum eines jeden Fernsehproduzenten: spottbillig in der Herstellung und, dank simpelsten Regelwerks, jahrzehntelang ein Quotenknüller. In den USA als „Wheel of Fortune“ aus dem Urschlamm der TV-Unterhaltung gekrochen, kam das „Glücksrad“ 1988 zu Sat 1.

Das lustige Buchstabenraten war der Traum eines jeden Fernsehproduzenten: spottbillig in der Herstellung und, dank simpelsten Regelwerks, jahrzehntelang ein Quotenknüller. In den USA als „Wheel of Fortune“ aus dem Urschlamm der TV-Unterhaltung gekrochen, kam das „Glücksrad“ 1988 zu Sat 1. Anders als bei heute gängigen Quiz-Formaten war hier das Prinzip „Jeder kann mitraten“ vollständig verwirklicht. Wer je ein oder zwei Ausgaben gesehen hat, konnte über die Ergebnisse der PISA-Studie eigentlich nicht mehr überrascht sein!

Die Glücksboten der ersten Stunde – Ex- Pornodarsteller Peter Bond, Ex-Wäsche-Model Frederic Meisner und die geheimnisvoll stumme Buchstabenfee Maren Gilzer – erwarben sich unschätzbare Verdienste um die Alphabetisierung der Deutschen. Dennoch: Die Unterscheidung von Vokalen und Konsonanten wollte bei den hoffnungsfrohen Kandidaten nie so recht gelingen. Ein unvergessener Moment reiner Freude wurde uns beschert, als ein zu erratendes Sprichwort, dessen Buchstaben – bis auf wenige Ausnahmen – schon an der Wand prangten, als „Der Zwerg reinigt die Kittel“ identifiziert wurde (Anstatt: Der Zweck heiligt die Mittel). Schade, Pech gehabt! Das Messer-Set, die Kaffeemaschine, das Faltboot und den echt vergoldeten Schmuck hat dann wohl ein anderer gewonnen. So schön war es nie wieder!

Auch weil mit der Zeit die Präsentatoren wechselten. Peter Bond trieb der launische Wind des Schicksals zur FDP. Meisner mochte irgendwann nicht mehr, und die stille Göttin Maren wurde gegen die womöglich noch langbeinigere Sonya Kraus ausgewechselt. 1998 nahm der Sender die Show wegen sinkender Marktanteile aus dem Programm; seitdem zierte sie den Vorabend von Kabel1. Und als dann der Moderations-Beamte Tommy Ohrner im Verein mit „Miss Germany“ Katrin Wrobel die Vokale verkaufte, war das Ende nah. Gestern Abend drehte sich das Rad zum allerletzten Male, nach über 2500 Ausgaben. Wir werden dem „Glücksrad“ ein ehrendes Angedenken bewahren, denn eins hat es uns gelehrt: Vokale sind A, E, I, O und U, Konsonanten alle anderen. Ich möchte ein „S" kaufen!

Jörn Wöbse

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