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Medien: Großer Bruder

Der frühere BR-Chef Scharf moderiert die Fusion von ORB und SFB

Manchmal ist ein großer Bruder von großem Nutzen. Wenn unter kleineren Geschwistern ein Streit zu schlichten ist, gegenüber anderen großen Brüdern Stärke gezeigt werden muss. Horst Schättle und Hansjürgen Rosenbauer, die Intendanten der kleinen ARD-Anstalten SFB und ORB, haben jetzt einen großen Bruder: Albert Scharf, der zwölf Jahre lang eine große ARD-Anstalt, den Bayerischen Rundfunk (BR), geleitet hat. Der 72-Jährige hat, auf „freundschaftliche Bitten“ hin, die Moderation der Fusion von ORB und SFB zum Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) übernommen. Die neue Anstalt soll Mitte 2003 zu senden beginnen, die Konzeptionsphase hat begonnen. Da braucht es offenbar einen Mediator für die querschießenden Interessen. „Schon vom Sendegebiet her gibt es verschiedene Aufgaben, hier die Metropole, dort das Land, gibt es unterschiedliche informatorische und kulturelle Differenzen“, sagte Scharf am Donnerstag in Berlin. Eine derartige Gemengelage ist ihm bekannt. Er wies auf das Verhältnis des Landes Bayern zu seiner Landeshauptstadt München hin, das es in der Sender- und Programmpolitik des BR auszugleichen galt. „Unterschiedliche Mentalitäten müssen immer harmonisiert werden,“ sagte Scharf, und wie das zu geschehen hat, sagte er auch: „Möglichst in der goldenen Mitte“. Er zeigte sich überrascht von der „Motivation, Leidenschaft und Zielstrebigkeit“, mit der bei ORB und SFB die Fusion betrieben werde. Trotzdem, deren Intendanten hatten einsehen müssen, dass sie im jeweils anderen Sender nur schwer vermittelbar sind. Nun ist es an Scharf, das horrende Misstrauen zwischen den ARD-Brüdern und -Schwestern abzubauen. Er will allen zuhören, er wartet auf Konzepte, und er möchte, obwohl ohne Entscheidungsbefugnis, „vorbereitende Vorschläge“ für den RBB erarbeiten. Nach innen zu wirken, ist eine, die vielleicht wichtigere Aufgabe wird die des „Außenministers“ sein. Schättle und Rosenbauer ließen erkennen, dass Scharf in der ARD um (finanzielle) Unterstützung antichambrieren soll. Der ehemalige BR-Intendant genießt dort immer noch großes Vertrauen und findet auch bei der KEF, der Kommission zur Ermittlung der Gebührenhöhe und -verteilung, Gehör.

Was Scharf erkennen musste: Dass es die Spitzen und Mitarbeiter von ORB und SFB nicht geschafft haben, das öffentliche Bild des Fusionsprozesses positiv zu prägen. Statt Aufbruch und Chance zu propagieren, wird über superlativische Mitbestimmung gestritten und die staatsvertragliche Festschreibung des Studios in Perleberg gefordert. „Von solchen Quisquilien“ will Scharf wenig wissen, er betont, dass die neue Sieben-Prozent-Anstalt im ARD-Programm „Akzente“ setzen müsse. Scharf, Schättle, Rosenbauer: Alle Drei können die Fusion nur bestens vorbereiten wollen. Wirklich ernst wird es, wenn sich Anfang 2003 der erste RBB-Chef um die strukturelle und programmliche Verfassung des Senders nicht länger herumdrücken kann. Joachim Huber

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