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Günther Jauch

© Tsp

Günther Jauch: „Haben Sie Ihre Kollegen schon mal nach ihrem Verdienst gefragt?“

Die Runde von Günther Jauch wollte wissen, was zu tun sei, damit sich die unzeitgemäße Gehaltskluft zwischen Frauen und Männern schließt. Eine einhellige Antwort hatte sie nicht.

Von Barbara Nolte

Zum Einstieg las Jauch Durchschnittsgehälter von Männern und Frauen gleicher Profession vor, die so stark auseinanderklaffen, dass sich jede Diskussion über Gerechtigkeitsfragen fortan erübrigte. Köchinnen, so Jauch, bekämen jährlich 4100 Euro, Architektinnen sogar 17.500 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen. „Auch ich, meine Damen und Herren, verdiene viel mehr als Anne Will!“ - das sagte Jauch natürlich nicht, obwohl es sich mit großer Wahrscheinlichkeit so verhält.

In Deutschland sei es ein „Tabu“, sein Gehalt offen zu legen, meinte die Frauenministerin Manuela Schwesig, die an diesen Sonntagabend in Jauchs Sendung saß. Was ist zu tun, damit sich die unzeitgemäße Gehaltskluft zwischen Frauen und Männern endlich schließt? Darüber wurde diskutiert. Schwesig sagte, dass sie ein Gesetz plane, das Unternehmen dazu verpflichtet, Mitarbeitern immerhin die Spanne offenzulegen, in dem sich die Gehälter der Kollegen bewegen. Denn nur wer weiß, dass er weniger verdient, kann dagegen vorgehen.

Für die „Zeit“-Journalistin Elisabeth Niejahr liegt die Ungleichbezahlung an politischen Rahmenbedingungen wie Ehegattensplitting und Minijobs. Frauen blieben oftmals in der Karriere stecken und verdienten deshalb auch weniger. Der Wirtschaftsjournalist Roland Tichy glaubt, dass Frauen sich die falschen Jobs aussuchten, häufig in schlecht bezahlten Branchen tätig seien, woraufhin der ehemalige Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger vorschlug, Pflegerinnen beispielsweise tariflich so einzustufen wie Industriearbeiter.

Viel guter Wille. Zu viel?

Es herrschte viel guter Wille bei den Gästen von Jauch, den Frauen zu mehr Geld zu verhelfen. Doch manche Beiträge hatten buchstäblich etwas von Sonntagsreden. So führte Sattelberger seine Idee nicht weiter aus, wie genau man Gehaltsverhandlungen den Tarifparteien entziehen und an Werte wie Sinn knüpfen könnte. Und Manuela Schwesig forderte, dass Männer ihre Frauen bei der Kindererziehung stärken unterstützen sollten, worauf sie als Politikerin aber gar keinen Einfluss hat.

Jauch selbst illustrierte den unterschiedlichen Wert von Frauen- und Männerarbeit an einem Beispiel: Zum Tagesgeschäft von Altenpflegerinnen gehöre es, eingenässte Bettwäsche abzuziehen. Die Fahrer, die das Bettzeug anschließend zur Wäscherei bringen, bekämen „eine Schmutzzulage“. Auch Jauch war diesmal parteiisch: auf Seiten der Frauen. Es muss für die Redaktion schwer gewesen sein, die für eine Talkshow obligatorische Rolle des Counterparts zu besetzen. Nur so ist wohl die Einladung des Jungunternehmers Marcus Wöhrl zu erklären, der neoliberal rempelte. „Bei Bayern München verdienen auch nicht alle gleich viel.“ Und in Ostdeutschland, so seine Erfahrung, nähmen die Frauen den Männern bei Gehaltsverhandlungen oft „die Sahne vom Kuchen“.

ARD rechtfertigte den hohen Minutenpreis von Jauchs Sendung

„Haben Sie Ihre Kollegen bei der ,Zeit‘ schon mal nach ihrem Verdienst gefragt?“, erkundigte sich Jauch schließlich bei Elisabeth Niejahr. Die verneinte. Das sei nicht üblich. Im Fall der Polittalker sind zwar nicht die Gehälter öffentlich, aber die Produktionskosten der einzelnen Sendungen. Und da stellte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, KEF, in ihrem letzten Bericht folgende Rangliste auf: An der Spitze liegen die beiden Männer, Jauch und Plasberg. Gefolgt von Anne Will, Maybrit Illner und Sandra Maischberger. Da die Moderatoren – bis auf Illner – ihre Shows in eigenen Firmen herstellen, landen die Produktionsmillionen bei ihnen.

Es ist prinzipiell ungerecht, so viel ist klar, dass die Männer mehr Geld für ihre Sendungen zur Verfügung haben als die Frauen. Die ARD rechtfertigte den hohen Minutenpreis von Jauchs Sendung mit ihrer „erheblichen publizistischen Relevanz“. Jauch, auch das ist nicht von der Hand zu weisen, bekommt nicht so viel, weil er ein Mann ist, sondern weil er Jauch ist.

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