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Medien: „Hallo, ich bin der grässliche Deutsche“

Der Kabarettist Steffen Möller ist ein Star in Polen. In der Serie „L wie Liebe“ spielt er den Bauern Müller

Einer der ersten Sätze in der Fernsehkarriere des Wuppertalers Steffen Möller ging, ins Deutsche übersetzt, so: „Hallo, ich bin der grässliche Deutsche von nebenan.“ Steffen Möller stand, als er das sagte, in der Tür des Nachbarbauernhofes, beim Bauern Marek und seiner Frau Hanka. Er hatte einen Strohhut auf und einen Sechserpack Bier in der Hand: Deutsches Bier werde doch hoffentlich auch in Polen geschätzt, fügte er sehr freundlich hinzu. Und auch ein Kompliment für die neuen Nachbarn hatte er parat: „Polens Kartoffeln sind doch unübertroffen!“

Möller spielt in der polnischen Serie „M jak Milosc“ („L wie Liebe“) mit, den Bauern Stefan Müller. Er spielt den Part des Ausländers, den man aus deutschen Serien gut kennt. Einer der ersten war Panaiotis, der Grieche aus der „Lindenstraße“: der Wirt der örtlichen Gaststätte, der so gerne Sirtaki tanzte und sich nach seiner griechischen Insel zurücksehnte, von der er stammte. Der Part des Ausländers in deutschen Serien bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen Klischee und Aufklärung. Und wie ist das in Polen?

Das Bauernopfer

Bauer Müller ist auch so nett wie Panaiotis aus der „Lindenstraße“. Nie verliert der ein wenig naive Deutsche seine gute Laune – auch wenn er es als erster und einziger Ausländer in der eigentlich heilen, aber reichlich von Intrigen und Tragödien getrübten Welt des imaginären Seriendorfes nicht immer leicht hat. Mal wird er der Kindesentführung verdächtigt, dann brennt sein Haus nieder. Und der nörglerische Nachbar Marek meckert unablässig: „Besser wäre es, wenn jeder in dem Land bliebe, aus dem er herkommt.“

Eigentlich sei er als „komisches Element“ der Serie angeheuert worden, erzählt Möller. 34 Jahre alt, braune kurze Haare. Nur wenige Polen würden bisher einen Deutschen persönlich kennen, „und erst recht keinen, der polnisch spricht“.

Er hat die Sprache bei einem Sommersprachkurs gelernt. Vor acht Jahren hat ihn der ins Nachbarland verschlagen. Damals war er Student in Berlin: Philosophie und Theologie. Nebenbei war er Sänger der Hardrock-Band „Harte Schanker“. Nun ja, die Band stand nicht gerade vor dem Durchbruch. Da ist Steffen Möller einfach in Polen geblieben: Erst schlug er sich als Dozent für Deutsch durch, später als Kabarettist.

Seit Jahresbeginn sind seine Kabarett-Vorführungen im Warschauer Jazz-Keller Harenda immer ausverkauft. Darin sinniert er mit seinem sorgsam gepflegten deutschen Akzent über die vertrackte polnische Sprache. Und er liefert Expeditionsberichte in den polnischen Alltag, die er mit Klavier- Einlagen und Dias garniert. Aber er plaudert auch über seltsame Weihnachtssitten in Wuppertal. Seine Spezialität: Polenwitze, die er – bei brüllendem Gelächter des Publikums – zum Besten gibt. Auch bei der Kritik kommt Steffen Möller an: Bei Polens renommierten PAKA-Kabarettistenwettbewerb in Krakau wurde er im April mit dem zweiten Preis bedacht. Der Preis wiederum brachte ihm die Moderation einer deutsch-polnischen Jugendsendung ein und hat ihm nun die Rolle vom Bauern Müller in „M jak Milosc“ beschert.

Dort kämpft er, ziemlich erfolgreich, gegen antideutsche Vorurteile an. Und die sind in diesen Zeiten der Diskussionen über Polens bevorstehenden Beitritt zur Europäischen Union nicht selten. Vor allem in der von Existenznöten geplagten polnischen Bauernschaft leben alte Urängste vor der Rückkehr revanchistischer Deutscher wieder auf.

Ruhm und Geld

„Ich tue mehr für die polnisch-deutsche Verständigung als viele Politiker“, sagt Steffen Möller. Ihm sei erzählt worden, dass Schulkinder wegen des „sympathischen Deutschen“ im Fernsehen plötzlich viel lieber den Deutsch-Unterricht besuchten. Man merkt, dass er ein wenig stolz darauf ist. So nett will er sich nun auch wieder nicht präsentieren. Also feixt Möller noch: Sein Hauptanliegen sei dies jedoch keineswegs. „Mir geht es nur um Ruhm und Geld."

Zwanzig Folgen der Abend-Serie „L wie Liebe“ des Fernsehsenders TVP 2, die pro Folge acht Millionen Zuschauer sehen, hat Möller bereits abgedreht. Die Eifersucht von Marek werde noch zunehmen, erzählt er. Aber Hanka, seine Frau, wird sich vom neuen Nachbarn sogar in Deutsch unterrichten lassen. Hanka fange sogar so ein bisschen zu schwärmen an für den neuen Nachbarn aus Deutschland.

Wie lange Steffen Möllers Bauernleben währen wird, ist noch ungewiss. Im nächsten Mai steht jedenfalls in Polen die Volksbefragung zu dem anvisierten EU-Beitritt an. Dazu bemerkt Möller verschmitzt: „Das Referendum wird mein Serien-Leben sicherlich noch ein wenig verlängern.“

Thomas Roser[Warschau]

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