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TV-Trash: Herbstmilch

Neue Staffel der Kuppelsoap "Bauer sucht Frau": Wie RTL weiter versucht, auf seine Weise den Zuschauern das Thema Landlust zu vermitteln.

Der muntere Milchbauer Gerhard, 25, hat in Haus und Herz noch viel Platz für die Frau seines Herzens. Der sportliche Schwarzwälder fühlt sich abends beim Fernsehschauen sehr einsam. Seine Traumfrau sollte „einen Hauch von Jeanette Biedermann“ haben. Bloß kein Hungerhaken, ruhig etwas üppiger, vor allen Dingen vorne, das sind so die Wünsche der Protagonisten aus der neuen Staffel der Kuppel-Sendung „Bauer sucht Frau“, die am Montagabend startet.

Manche sagen, na und? Auch liebeshungrige Landwirte haben Anspruch auf ihr Glück. Zum Einsatz hier wird niemand gezwungen, zum Zuschauen auch nicht. Der Grimme Preis sucht sich seine Kandidaten eh’ woanders. Andere klagen wiederum: Muss das sein? Mehr Fremdschämen geht nicht, selbst im Privatfernsehen. Jung-Bauer Dirk gesteht: „Meine Frau kann sich gerne mit einbringen, da habe ich nichts dagegen.“ Kollege Rolf, 48, spricht treu-ehrlich in die Kamera: „Ich hätte gerne eine Frau, die mal mit mir auf den Trecker steigt.“ Und natürlich: Sie müsse vorne und hinten „schon Frau“ sein. Dazu Musik von Roger Whittaker, das Ganze locker wegmoderiert von Inka Bause. Die sich mit der Real-Life-Sendung und diversen anderen Shows einen Namen gemacht hat, wie all die Peter Zwegats und Super-Nannys, die fleißigen Menschenhelfer bei RTL. Bause hat es im Blut. Ihr Vater war einer der erfolgreichsten Schlager- und Popkomponisten der DDR.

Kuppel-Trash nennt der Fernseh-Kritiker so ein Format. Dabei dürfte das hier vermittelte Frauenbild des deutschen Bauern für Städter sowieso gewöhnungsbedürftig sein, auf welchem Kanal auch immer. Dieses Bild würde sich auch in öffentlich-rechtlichen Sendern kaum anders vermitteln. Man könnte Wetten annehmen, dass ARD-Planer an so etwas Locker-Geschmiertem wie „Bauer sucht Frau“, zum Beispiel für den Vorabend, schon mal gedacht haben.

Stolz schickt RTL zum Start der neuen Folgen die Erfolgsmeldungen heraus. 51 Bauern haben sich in sechs Jahren vorgestellt, 22 Paare gefunden. Fünf Hochzeiten wurden gefeiert, mehrere sind in Planung. Sieben „Bauer sucht Frau“-Babies wurden bisher geboren. Nicht alle Paare dürften hinterher Probleme mit dem normalen Leben und der Namensfindung gehabt haben wie Josef und Narumol („in deiner Familie heißen ja alle Josef!“). Die Kuppelshow hat aus dem Bauern und der gebürtigen Thailänderin kleine, skurrile Berühmtheiten gemacht. Ihr Heimatort in Bayern ist zur Gaffermeile geworden. Das Dorf, liest man, lästert über die „Stars“ von nebenan.

Das ist nicht schön, letztendlich aber auch gut für die Quote. Und, wie gesagt, keiner hat Josef und Narumol gezwungen, hier mitzumachen. „Bauer sucht Frau“ wird von bis zu acht Millionen Zuschauern gesehen, das hat „Wetten, dass...?“-Niveau. Die letzte, sechste Staffel war die erfolgreichste, mit Marktanteilen um 25 Prozent in der begehrten jungen Zielgruppe.

Es ist frappant, wie RTL mit der Dokusoap seinen Stiefel durchzieht. Hier geht es nicht um Menschen, die in eine rätselhafte, entfremdete Gegenwart hineingeworfen sind, auch wenn der Auftritt des Schweinebauern Uwe aus Niedersachsen, der sich eindringlich nach Nähe sehnt, an die teils grausamen Grundbedingungen menschlicher Existenz gemahnt. Apropos Grausamkeiten, da tönt es stets bei der Vorstellung der Suchenden: „der fleißige Pferdewirt“, „der sanfte Schweinebauer“, „der fröhliche Friese“, „der patente Pfälzer“. Wegen dieses notorischen Hangs zur Alliteration verdient RTL für das Format vielleicht doch einen Grimme-Preis.Markus Ehrenberg

„Bauer sucht Frau“, RTL, 21 Uhr 15

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