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Medien: Historische Geisterstunde

Das Hitler-Attentat auf RTL 2: Die Figuren stammen aus dem Computer

„Einzigartig“, „revolutionäre Technik“, „anschaulicher als jemals zuvor“. RTL 2 kriegt sich in seiner Pressemitteilung gar nicht mehr ein. So beginnt der Film „Die Verschwörung“ über das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 ein wenig wichtigtuerisch: „Mit Hilfe von CGI-Technik“, heißt es in der Einblendung, würden die Gesichter der Schauspieler durch Animation ersetzt. Was CGI bedeutet (computer generated images – im Rechner erzeugte Bilder), wird nicht erläutert. Dafür wird das Ganze mit einer dramatischen Tonspur unterlegt, die einem Gruselfilm Ehre machen würde.

Und tatsächlich folgt eine Art historische Geisterstunde. Wie Gespenster wirken US-Präsident Franklin D. Roosevelt, der sowjetische Diktator Josef Stalin, Großbritanniens Premierminister Winston Churchill, Adolf Hitler und Claus Schenk Graf von Stauffenberg: tief liegende Augen, darunter dunkle Ringe, die Gesichter überzieht Leichenblässe. Nur Stalin, der mit der Haushälterin poussiert, und Churchill, der im Morgenmantel regiert, wirken etwas lebendiger.

Im Grunde ist es keine schlechte Idee, den historischen Tag aus den Perspektiven der vier Staatsmänner und des Widerstandskämpfers Stauffenberg zu erzählen. Doch hier dient dieser Ansatz vor allem dazu, den eigenen filmtechnischen Aufwand zu feiern. Drei Jahre ließ das US-Fernsehunternehmen Discovery an dieser 90-minütigen Produktion arbeiten. Mit Schauspielern, deren Körperbau und Gesichtsformen den jeweiligen historischen Vorbildern ähneln, wurden Spielszenen gedreht, die Gesichter nachträglich durch am Computer entwickelte virtuelle Masken ersetzt. Doch das Ergebnis hält nicht, was die vollmundige PR verspricht. „Ein interessanter Versuch, aber nicht ganz überzeugend“, sagt auch Joachim C. Fest, der wieder einmal den Hitler-Experten vom Dienst gibt. Dennoch werde man solche Wege gehen müssen, denn „wir alle stehen vor dem Problem, wie man den Leuten historische Sachverhalte nahe bringen kann“.

Dabei wurde das Material geschickt auf alt getrimmt. Grobkörnige, unscharfe Bilder, grelle Flecken wie von einem Lichteinfall, ein schwer verständlicher Ton – die Spielszenen sollen so wirken, als seien sie vor 61 Jahren gedreht worden. Wer kein geübtes Auge hat, dem dürfte es gelegentlich schwer fallen, die authentischen von den inszenierten Bildern zu unterscheiden. Die Zielgruppe ist erkennbar ein junges Publikum, von dem man glaubt, dass es durch visuellen Schnickschnack am besten für historische Themen zu interessieren ist. Schade bloß, wenn darunter die Darstellung der Charaktere leidet und der Staatsverbrecher Hitler als melancholisches Wesen daherkommt, das Tabletten in rauen Mengen zu sich nimmt und traurig in die Kamera blickt.

„Die Verschwörung“: RTL 2, Mittwoch, 20 Uhr 15

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