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Hörfunk: Drogen mit Ernst Jünger

Von Salzen und Trophäensammlern: Was Sie diese Woche im Radio nicht verpassen sollten.

Mitte der 60er Jahre wird ein stillgelegtes Salzbergwerk bei Wolfenbüttel zum atomaren Endlager. Zunächst soll alles nur auf Probe sein, ein wissenschaftlicher Feldversuch, den man später demokratisch ausdiskutieren wird. Aber dann wird einfach pausenlos radioaktiver Müll in den Schacht „Asse 2“ gestopft. Als Jahrzehnte später das Licht der Medienöffentlichkeit in die Tiefe fällt, ist von unhaltbaren Zuständen die Rede, von enormer Schlamperei und Gefährdung des Allgemeinwohls. Der Übergang zu halbwegs geordneten Zuständen wird viel Geld kosten. Für sein Feature „Die Asse“ hat Autor Lorenz Schröter im Salz bei Wolfenbüttel nachgegraben. Eine unterirdische Geschichte der Bundesrepublik, so der Untertitel des Features (Kulturradio vom RBB, 12. Januar, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Im Jahr 1933 zeigt sich der Philosoph Martin Heidegger für kurze Zeit als begeisterter Nationalsozialist. Der Freiburger Universitätsrektor begrüßt Adolf Hitler als positive Schicksalfigur und treibt mit seinen Studenten schon mal freiwillig Wehrsport. Später überfallen ihn Bedenken, ohne dass es dabei zum öffentlichen Bruch kommt. Rüdiger Safranski hat Martin Heidegger als „Meister aus Deutschland“ porträtiert, ein Künstler-Philosoph, gleichermaßen erleuchtet wie verbohrt. Der Franzose Emmanuel Faye hat ihn weniger wohlwollend als nationalsozialistischen Ideologen betrachtet. Zwischen kultischer Verehrung und wütendem Protest schwankt das Urteil der Nachwelt. Klaus Englerts Radioessay „Heidegger und der Nationalsozialismus“ erzählt von einem deutschen Meisterdenker, der sich in seiner berühmten Schwarzwald-Hütte nicht nur vor den technischen Apparaturen, sondern auch vor allzu nüchternen Gedanken in Sicherheit brachte (Kulturradio vom RBB, 13. Januar, 22 Uhr 04).

Im Dorf Gusen, unweit der Stadt Linz, betrieben die Nazis bis 1945 ein Konzentrationslager. Nach dem Krieg wurden alle Gebäude abgetragen und das Gelände zu neuer Bebauung freigegeben. Heute stehen dort Einfamilienhäuser mit vielen gepflegten Vorgärten und Kinderspielplätzen. Was wird aus der Erinnerung an einen Schreckensort, wenn dann alle materiellen Spuren getilgt sind, das hat sich der Künstler Christoph Mayer gefragt und einen sogenannten „permanenten Hörweg“ geschaffen. Wer heute nach Gusen kommt, kann sich dort Kopfhörer ausleihen und einen interessanten Spaziergang durch die Eigenheimsiedlung machen. In seinem Kopf reden währenddessen die Stimmen der Opfer, die Täter und Zeugen des einstigen KZ-Betriebs. Eine verstörende Collage der Erinnerungen, die den Frieden des Ortes durch die Schrecken seiner Geschichte verfremdet. Das ist ein überaus eindrucksvolles akustisches Dokument, das nun unter dem Titel „Das unsichtbare Lager“ endlich auch als Hörspiel ins Radio kommt (Deutschlandfunk, 15. Januar, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

Vor zwölf Jahren ist Ernst Jünger gestorben. Die besonderen Qualitäten des Autors sind oft benannt worden: die enorme Trennschärfe seiner analytischen Beschreibungen, die Sinnlichkeit der Darstellung, mit der er beim Leser fast magische Wirkungen erzielt. Jünger war preußischer Offizier, Dandy und Weltreisender, ein rational unterkühlter Abenteurer. Jörg Magenaus Feature „Kopfjäger, Käferfreund, Trophäensammler“ zeichnet die singuläre Existenz noch einmal nach. Eben sind Jüngers Kriegstagebücher aus dem Ersten Weltkrieg mit großem Erfolg neu aufgelegt worden, in Marbach findet eine Jünger-Ausstellung riesigen Zulauf. Jünger ist umstritten, aber seine literarische Wirkung unter den Deutschen bleibt beträchtlich (Deutschlandradio Kultur, 16. Januar, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Im Hörspiel „Hofmanns Elixier oder Die Welt ist perfekt“ outet sich der Schriftsteller Ernst Jünger dann als LSD-Konsument. Er ist prominenter Zeuge für den Gebrauch der Droge in spiritueller Absicht. Vor gut 60 Jahren entdeckte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann, ein Freund Jüngers, im Selbstversuch die enormen Wirkungen des Lysergsäurediäthylamids. Regine Ahrems und Michael Rodachs Hörspiel ist eine ebenso amüsante wie auch fesselnde Montage aus autobiografischen Notizen, die Albert Hofmann über seine Forschungen gemacht hat, Konsumentenberichten und historischem Radiomaterial aus einer Zeit, in der Drogenerfahrungen noch ungeniert öffentlich beredet werden konnten (Deutschlandradio Kultur, 17. Januar, 0 Uhr 05).

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