zum Hauptinhalt
Benjamin von Stuckrad-Barre soll ein penibler Mensch sein, der seinen Tag minutiös plant und strukturiert. Und dann kommt Udo Lindenberg

© rbb

"Homestory" von Benjamin von Stuckrad-Barre: Panic Spirit reinbringen

Benjamin von Stuckrad-Barre trifft zum Auftakt seiner neuen RBB-Sendung "Stuckrads Homestory" auf einen alten Bekannten.

Benjamin von Stuckrad-Barre hasst Überraschungen. Der Fernsehzuschauer mag Überraschungen, meistens jedenfalls. Die Frage ist, wie man beide Befindlichkeiten zusammenkriegt. Von daher hat das Konzept von Stuckrad-Barres neuer Fernsehshow eine gewisse Plausibilität – als Moderator in unbekannte Situationen geworfen zu werden und daraus gute Unterhaltung zu machen, die als Label „Stuckrads Homestory“ das Programm vom Rundfunk Berlin-Brandenburg schmückt. Schon 2013 war bekannt geworden, dass Stuckrad-Barre zum RBB wechselt, nachdem seine bei ZDFneo gestartete Late-Night-Show „Stuckrad Barre“ bei Tele5 auslief. Über das neue Format für den Schriftsteller, Journalisten und Moderator wurde offenbar länger nachgedacht.

Vorab: Es hätte ruhig noch länger sein können. Dass Christian Ulmens Produktionsfirma durchaus Lust und Expertise auf Innovatives hat, bewies zuletzt „Mann/Frau“, eine ungewöhnliche Web-Serie über zwei Großstadtsingles aus zwei Erzählperspektiven, die Ulmen beim Bayerischen Rundfunk gelandet hat. „Stuckrads Homestory“ im RBB ist alles, aber nicht ungewöhnlich. Ulmen hat ein Format für den Moderator, seinen Freund, 39, entwickelt, das auf seine Schwachstellen abzielen soll. Stuckrad-Barre hasst es, so heißt es im Intro, unvorbereitet zu sein und plant seinen Tag gern ganz penibel. In unbekannte Situationen geworfen zu werden, zum Beispiel spontan zu Promis nach Hause zu fahren, dürfte ihm unangenehm sein, Kumpel und Show-Produzent Christian Ulmen dagegen ziemlich amüsieren.

So weit, so gut. Erster „Spontan-Besuchter“ ist Udo Lindenberg, wobei das mit dem Zuhause und dem Besuchen im Falle von Panik-Udo nicht so einfach ist. Lindenberg lebt seit Jahrzehnten im Hotel. Außerdem: Udo Lindenberg und Benjamin Stuckrad-Barre kennen sich seit 20 Jahren. Wer Lindenberg kennt, kann ihn auch ganz entspannt auf sich zukommen lassen. Von daher ist dieses Treffen zweier medienwirksamer Künstler so ungewöhnlich wie, sagen wir, ein Deutscher Meistertitel für den FC Bayern.

"Wow, hier gehen 80 000 Menschen rein"

Im Grunde hat der RBB so etwas ja schon im Programm: „Stadt, Rad, Hund – unterwegs mit Bettina Rust“. Und bei Arte läuft seit Jahren das Format „Durch die Nacht mit ...“ Zwei Prominente aus Kunst und Kultur verbringen einen Abend miteinander und werden dabei von zwei Kamerateams begleitet. Wenn der Reiz der Veranstaltung beim RBB nicht nur in der Interaktion liegen soll, sondern in der Form, wie der Interviewer mit dem Interviewten überrascht wird, wie unbekannte Situationen kreiert werden, auf die sich Stuckrad-Barre gar nicht vorbereiten kann, dann muss man halt sagen: Da müssen andere Prominente, andere Situationen her. So laufen Stuckrad-Barre und „Gastgeber“ Lindenberg, mit Regenschirm durchs leere Berliner Olympiastadion. Lindenberg sagt: „Wow, hier gehen 80 000 Menschen rein“, erzählt von seinen Tourerlebnissen. Stuckrad-Barre fragt: „Die Leute sind überrascht wie du das alles überlebt hast, wie fit du bist“ und der kundige Zuschauer hat da wohl auch Stuckrad-Barres Alkohol- und Kokainsucht im Sinn, die dieser vor Jahren publik machte.

Mit seinem Debütroman „Soloalbum“ wurde Benjamin von Stuckrad-Barre 1998 zum „Popliteraten“. Es folgte ein Aufstieg als Schriftsteller. Auch mit Abstürzen sorgte Stuckrad-Barre für Schlagzeilen. Nicht jedes seiner Projekte ist in kollektiver Erinnerung. Das ist schade, wenn man bedenkt, dass Stuckrad-Barres Dramolett „Claus Peymann kauft sich keine Hose, geht aber mit essen“ in der „Harald Harald Schmidt Show“ ein Höhepunkt der deutschen Fernsehunterhaltung war und ist; natürlich auch dank Harald Schmidt als Claus Peymann. Warum haben Schmidt und Stuckrad-Barre eigentlich nie zusammen Shows gemacht?

„Stuckrads Homestory“ sieht eher nach Resterampe aus. Später in der „Homestory“ an der Bar im Hotel Interconti gibt es noch Cola für den Moderator, Zigarre für Udo Lindenberg. Stuckrad-Barre nimmt Anlauf für die letzte Frage: „Udo, was schuldest du der Welt noch?“ Udo antwortet im Sinne von „okay, Panic Spirit reinbringen … Holiday checken … international weltweit … geiles Gespräch …“ Zum Schluss joggen Promi und Moderator gemeinsam im Tiergarten. Eine der nächsten Homestorys soll Stuckrad-Barre mit Jimi Blue Ochsenknecht zusammenbringen. Wie zu hören ist, hat der Mann ein Zuhause.

„Stuckrads Homestory“, Donnerstag, RBB, 22 Uhr 45.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false