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ARD-Großverdiener? Moderator Matthias Opdenhövel (links) und Fußballexperte Mehmet Scholl.

© WDR/Sachs

Honorare für ARD-Sportexperten: Viel? Sehr viel? Zu viel?

Die ARD zahlt acht Sportexperten insgesamt 1,2 Millionen Euro Honorar. Bekommt aber Mehmet Scholl mehr als Franziska van Almsick? Das verschweigt die ARD. Warum?

Von Joachim Huber

Wie viel ist viel? Eine Antwort für alle kann es nicht geben, jeder hat da sein eigenes Bewertungsraster. Daran ändert sich wenig bis gar nichts, wenn die Frage lautet: Wie viel ist zu viel? Die ARD hat gerade Zahlen zur Beschäftigung und Bezahlung der von ihr engagierten Sportexperten veröffentlicht. In der Saison 2015/2016 waren es acht: Franziska van Almsick (Schwimmen), Dieter Thoma (Skispringen), Kati Wilhelm (Biathlon), Maria Höfl-Riesch (Ski alpin), Peter Schlickenrieder (Langlauf), Nia Künzer (Frauenfußball), Norbert Haug (Automobilsport) und Mehmet Scholl (Männerfußball). Die Gesamtsumme der Honorare belief sich auf 1,2 Millionen Euro.

Angemessen, überzogen? Transparenz ist beim Ersten – wie übrigens auch beim ZDF – eine Schnecke. Hier mal eine Zahl, dort eine andere, wirklich freiwillig geschieht das nicht, es ist der Druck der Öffentlichkeit, der die Bereitschaft zur Auskunft fördert.

Immerhin ist jetzt publiziert worden, dass die ARD-Sender vier Expertinnen und vier Experten beschäftigte – eine beachtliche 50:50-Geschlechterquote! Deren Meinungen und Einschätzungen waren beim Live-Sport gefragt. Von den 478 Live-Stunden 2016 entfielen 2016 laut ARD-Rechnung 166 Stunden auf Wintersport, 93 auf den Fußball. An dieser Dominanz änderte Sommer-Olympia in Rio nichts. Die ARD-Kameras werden in der Regel dort platziert, wo sich Zuschauerinteresse, Spektakel und Gewinnchancen deutscher Teilnehmer zur gewinnbringenden Quotenformel zusammenfinden. Sport im öffentlich-rechtlichen Fernsehen folgt den traditionellen TV-Gesetzen: Übertragen wird das, was Zuschauermasse macht. Knapp 50 weitere Sportarten müssen sich dann mit 219 Live-Stunden begnügen. Hat ein Sport Konjunktur, zeigt das Fernsehen Interesse, anderenfalls gibt es nur Alibi-Fernsehen.

21 Moderatoren verdienen 1,9 Millionen Euro

Jede Übertragung braucht eine Moderatorin/einen Moderator. 21 davon hat die ARD 2016 beschäftigt und deren Leistungen mit insgesamt 1,9 Millionen Euro vergütet. In diesen Honoraren spiegele sich der „hohe Wert“ der Experten und Moderatoren für Publikum und Programm wider, erklärte die ARD.

Klein Fritzchen könnte jetzt folgende Rechnung aufmachen: Jeder Experte verdiente bei der ARD im Saisonschnitt 150 000 Euro, jeder Moderator rund 90 000 Euro. Da wird sich der gewesene Fußballexperte Mehmet Scholl vor Lachen wegschmeißen. Für solche „Almosen“ stellt sich der Mann nicht an den Spielfeldrand. Die Gießkannen-Kalkulation funktioniert nur in der Vorstellung, die Realität der Groß-, Mittel- und Kleinverdiener erfasst sie nicht.

Wer was verdient, das bleibt unverändert ARD-Geheimnis. Mag auch die BBC die Gehälter und Honorare fein säuberlich veröffentlichen – Fußballexperte Gary Lineker bekommt sagenhafte zwei Millionen Euro je Saison bezahlt –, die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland bleiben in der Überzeugung verbissen, dass diese Verwendungsposten der Beitragsmilliarden die Öffentlichkeit nichts angehen.

Räumt Scholl eine Million ab?

Wer nicht von ARD und ZDF beschäftigt und bezahlt wird, der weiß, dass dies ein Irrtum ist. Die Geheimnistuerei befördert jede potenzielle Falschannahme. Räumt Mehmet Scholl allein eine Million ab, während die brave Franziska van Almsick mit nur 20 000 Euro nach Hause schwimmt? Wetten, dass auch der einzelne Experte nur spekulieren kann, was der andere Experte verdient?

Die ARD weiß es noch nicht, ahnen wird sie es: Sie wird die Honorartabelle für Experten und Moderatoren, nicht nur im Sportsektor, veröffentlichen müssen. Der Beitragszahler hat schlicht ein Anrecht darauf, zu erfahren, wie mit seinem Geld umgegangen wird.

Wird es dann Diskussionen geben? Sehr wahrscheinlich. Das werden ARD und ZDF aushalten. Sportler müssen ja auch aushalten, dass Experten und Moderatoren stets wissen, wie die Fußballer, Schwimmer und Biathleten bessere Ergebnisse erzielen können.

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