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Medien: „Ich habe keine falschen Versprechungen gemacht“

Am Donnerstag wird Mathias Döpfner, Vorstandschef der Axel Springer AG, die Geschäftszahlen des ersten Halbjahres vorlegen. Seine Prioritäten: Effizienz steigern und Kosten senken. Deshalb verlegt er den Verwaltungssitz von Europas größtem Zeitungshaus auch nach Berlin

„Als Standortfaktor für Medienunternehmen zählen nur zwei Dinge: kreatives Talent und Informationen.“ „Wir werden jeden Cent, den wir sparen können, sparen.“

Anfang 2004 wird Springer einige hundert Arbeitsplätze von Hamburg nach Berlin verlagern. Welche Vorteile bietet der Standort Berlin?

Wir brauchen keine Bodenschätze, wir brauchen keine Wasserwege oder Schienennetze. Als Standortfaktor für Medienunternehmen zählen nur zwei Dinge: kreatives Talent und Informationen. Und auf beiden Gebieten ist die Hauptstadt Berlin unschlagbar. Ein Chefredakteur aus einer anderen deutschen Großstadt sagte mir neulich: Nach vier Stunden in Berlin hätte er mehr gute Geschichten als nach vier Wochen zu Hause. Ob die Nähe zur politischen Szene, die Welt der Diplomaten, die großen Unternehmensrepräsentanzen oder die Wissenschafts und Kulturmilieus – für einen Verlag sind diese Impulse Rohstoff und Wettbewerbsvorteil.

Vor allem können Sie mit dem Umzug langfristig die Kosten weiter drücken und haben als Potsdamer, der Sie sind, alles in der Nähe.

Es gibt vor allem eine historische Dimension: Axel Springer hat in schwierigen Zeiten zu Berlin gestanden, die Wiedervereinigung und die Hauptstadtentscheidung herbeigesehnt, jetzt wollen wir auch als Hauptstadtverlag davon profitieren. Und dass die Verwaltung dort konzentriert wird, wo Aufsichtsrat und Vorstand sitzen, ist nahe liegend. Die Mitarbeiter sollten nicht stundenlang im Zug oder Auto verbringen, sondern eher Zeit haben für das wichtigste Gespräch überhaupt: das Flurgespräch.

Wie hat der Berliner Senat auf Ihre Umzugspläne reagiert?

Der Regierende Bürgermeister und Senator Harald Wolf haben sich sehr gefreut über diese Standortentscheidung.

Und der Hamburger Senat?

Den Hamburger Bürgermeister haben wir vorab darüber informiert, dass wir die Verwaltungsstrukturen zusammenzuführen. Er war darauf seit langem vorbereitet, deshalb entspannt – und froh, dass keine weiteren Objekte umziehen.

Als im Februar 2001 bekannt wurde, dass die „Welt am Sonntag“ nach Berlin umzieht, versprachen Sie den Beschäftigten in Hamburg, dass der Standort in der Hansestadt nicht geschwächt würde. Warum halten Sie Ihr Versprechen nicht?

Ich habe keine falschen Versprechungen gemacht, darum bemühe ich mich pedantisch, sondern damals darauf hingewiesen, dass weitere Umzüge für Teile der Zentralabteilungen, nicht aber für Objekte denkbar wären. Wir wollen bewusst den Standort Berlin stärken. „Hamburg ist unsere Heimat, Berlin ist unsere Zukunft“ – das habe ich damals gesagt, das sage ich auch heute.

Dennoch gilt es festzuhalten, dass eine Stärkung des Berliner Standorts zwangsläufig mit der Schwächung des Hamburger Standorts einhergeht.

Die großen Zeitungen und Zeitschriften sind für Hamburg als Medienstandort wichtig, und eine weitere Schwächung des Hamburger Standorts wird es da nicht geben. Der Verwaltungssitz des Verlags ist formal aber seit langem Berlin, nun wird er es endlich auch faktisch. Das ist eine Entwicklung, die ich schon im Vorfeld der Übernahme meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender als Priorität gesehen und verabredet habe. Ich will Springer zu dem Hauptstadtverlag machen, und das wird sich eines Tages auszahlen.

Sie sagten 2001 auch, Neugründungen würden künftig bevorzugt in Berlin angesiedelt. Bleibt es dabei?

Es wird an beiden Standorten weiterhin Neugründungen geben. Berlin bietet sich außerdem als Brückenkopf zur Internationalisierung vor allem in Richtung Osteuropa an.

Dieser Umzug wird immens teuer werden. Mit welcher Unterstützung durch den Berliner Wirtschaftssenator, mit wie viel finanzieller Förderung können Sie rechnen?

Die Stadt hat sich sehr engagiert gezeigt und wird prüfen, was in ihrer Möglichkeit liegt.

Sie sagten, 180 der rund 1000 betroffenen Stellen müssen auf alle Fälle nach Berlin umgesiedelt werden, 420 Beschäftigte könnten sowohl in Hamburg als auch hier arbeiten. Nach welchen Kriterien wird entschieden, und wer prüft das?

Wir prüfen das gemeinsam mit den Führungskräften und dem Betriebsrat. Es geht darum, wie sinnvoll und zwingend die Zusammenführung in Berlin ist, welche Kosteneffekte auch bei einem Verbleiben am Standort Hamburg erbracht werden könnten. Wenn ein Umzug nicht zwingend und sinnvoll ist und Kostenvorteile auch in Hamburg geleistet werden können, wird es keinen willkürlichen Zwangsumzug nur um des Umzugs willen geben.

Sie könnten doch zumindest schon einmal die, die bleiben, beruhigen, indem Sie ihre Namen oder Abteilungen nennen.

Wir bemühen uns, das so schnell wie möglich zu tun. Es ist aber klar, dass eine Steuer- und Rechtsabteilung zwingender am Hauptverwaltungsstandort sein muss als die Buchhalter.

Sie spekulieren darauf, dass durch einige Umzugsunwillige Stellen frei werden, andere durch das effizientere Arbeiten wegfallen. Wie viele glauben Sie einsparen zu können?

Natürlich geht es darum, die Stabs-Abteilungen zu verschlanken. Wir wollen weniger Verwaltung und noch mehr Marktnähe. Schlank und effektiv zu arbeiten ist ein Anspruch, den ein Unternehmen immer haben muss. Auch in Zukunft, und auch, wenn es uns gesamtwirtschaftlich wieder besser geht. Wir werden jeden Cent, den wir sparen können, sparen. Nur diese permanente Effizienzorientierung schafft die wirtschaftliche Grundlage, um Krisen vorzubeugen, schwarze Zahlen zu schreiben und vor allem, um antizyklisch zu investieren.

Haben Sie Verständnis für den Unmut der Beschäftigten, die in Hamburg ihr soziales Umfeld haben und sich wie auf einem Verschiebebahnhof vorkommen?

So ein Umzug ist für die Betroffenen natürlich mit Unannehmlichkeiten verbunden, unter Umständen auch mit persönlichen Schwierigkeiten. Deshalb werden wir versuchen, soziale Härten zu vermeiden. Aber grundsätzlich reden wir doch alle ständig von Mobilität und Flexibilität in der Gesellschaft. Und der Wechsel in die Hauptstadt Berlin ist ja nun nicht gerade wie eine Verschickung nach … nach …

Nach Gütersloh zum Beispiel?

Das haben Sie gesagt.

Das Gespräch führte Ulrike Simon.

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