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Medien: Im Clinch wegen Clinton

Kerner warb Beckmann den Ex-Präsidenten ab

Von Barbara Nolte

Ein Sprengstoffhund, der im Foyer herumschnüffelte, US-Geheimdienst-Männer, die das Studio inspizierten, und Johannes B. Kerner, der extra seinen Urlaub unterbrochen hatte. Der Aufwand galt Bill Clinton. Am Samstag, 15 Uhr 07, fuhr der ehemalige US-Präsident, begleitet von einer Polizei-Eskorte, vor dem Kerner-Studio an der Hamburger Rothenbaumchaussee vor. Clinton trug einen dunkelblauen Anzug, winkte. Bei Kerner hatte er den ersten Fernsehauftritt in Deutschland auf der Promotiontour für seine Autobiografie. Zwanzig Journalisten durften sich die Aufzeichnung des Interviews auf einem Monitor in einem Nachbarraum ansehen. Von seiner Ehetherapie nach der Affäre mit Monica Lewinsky berichtete Clinton, auch seine Tochter Chelsea habe daran teilgenommen. „Man kann versuchen“, sagte er, „aus so einem Fehler zu lernen und größer daraus hervorzugehen.“

Erst am Montag um 23 Uhr 45 wird das Gespräch im Fernsehen ausgestrahlt – parallel zum ARD-Talk-Kollegen „Beckmann“, der um 23 Uhr das Model Heidi Klum zu Gast hat. Montags sendet Kerner sonst nie. Und die Wahl des Programmplatzes ist nicht der einzige Grund, weshalb die mühsam gewachsene Männerfreundschaft zwischen Kerner und Beckmann in diesen Tagen, um es vorsichtig auszudrücken, abgekühlt ist.

Bis zum vergangenen Montag glaubte die „Beckmann“-Redaktion, Clinton komme in ihre Sendung. Er hatte fest zugesagt. Ohne Honorar, nur an den Reisekosten sollte sich „Beckmann“ beteiligen. Es soll um eine vierstellige Summe gegangen sein. Freitag vergangener Woche gab es die ersten Anzeichen, dass der „Beckmann“-Show vielleicht der Gast abhanden kommt. Die endgültige Absage kam angeblich erst an diesem Freitag: Kerner hatte das Rennen gemacht. Dabei sollen die beiden Talkmaster eigentlich vereinbart haben, Gäste, die beim anderen bereits fest zugesagt haben, nicht abzuwerben. Als Kerner zum Beispiel vor sechs Wochen eine feste Zusage von Fürstin Gloria von Thurn und Taxis erhielt, zog die „Beckmann“-Redaktion ihre Anfrage zurück.

Es wird spekuliert, dass auch Geld eine Rolle für den Wechsel von der ARD zum ZDF gespielt hat. 400 000 Euro soll ein Paket aus dem Vorabdruck der Autobiografie im „Spiegel“, einem Exklusivinterview im „Spiegel“ und dem Kerner-Auftritt gekostet haben; die „Kerner“-Show wird von einer Spiegel-TV-Tochter produziert. „Wir haben kein Honorar bezahlt: keinen Euro, keinen Cent, keinen Dollar“, sagte Johannes B. Kerner, „wir beteiligen uns nur an den Spesen für die Hotelübernachtungen der Sicherheitsleute.“ Und die seien direkt ans Hotel gegangen. Er nannte einen anderen Grund, warum Clinton zu ihm kam: „Wir haben die bessere Redaktion.“

Offenbar auch die bessere Seilschaft. Der Medien- und Reiseunternehmer Karlheinz Kögel soll sich für Kerner eingesetzt haben; Kögel gilt als guter Bekannter von Clinton und als sehr guter Freund von „Spiegel“-Chef Stefan Aust.

Die besten Kontakte aber hat der Pro-7-Sat-1-Chef Haim Saban, er ist als großzügiger Spender der Demokratischen Partei bekannt. Der Saban-Sender N 24 stahlt heute um 12 Uhr das erste Clinton-Life-Interview im deutschen Fernsehen aus.

Clinton im deutschen Fernsehen: Sonntag um 12 Uhr auf N24, Wiederholung um 18 Uhr 35 auf Sat 1. Am Sonntagabend um 21 Uhr 40 bei „Christiansen“ und am Montag um 23 Uhr 45 bei Johannes B. Kerner.

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