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In vollen Zügen genießen Lore (Monica Bleibtreu, r.) und Anneliese (Gisela Schneeberger) im Film „Ladylike“ das Leben in ihrer Frauen-WG. Monica Bleibtreu starb im Mai 2009. Foto: ZDF

© Jochen Roeder

Im Fernsehen: Ein Kuss zum Abschied

Die ZDF-Komödie „Ladylike“ ist der letzte Film mit der grandiosen Monica Bleibtreu. An ihrer Seite: Gisela Schneeberger.

Lore will sich aufhängen, da klingelt das Telefon. Pflichtbewusst streift die alte Dame die Schlinge vom Hals, klettert zurück auf den Teppich und hebt den Hörer ab. Eine Freundin von früher ist dran, Anneliese, sie heult furchtbar. Die hilfsbereite Lore lässt den Strick vom Kronleuchter baumeln und eilt zur Freundin.Es stellt sich heraus, dass auch Anneliese gerade ihren Mann verloren hat. Lore wurde verlassen, der Gatte der Freundin ist tot umgefallen. Die beiden alleinstehenden Kleinrentnerinnen beschließen, zusammenzuziehen. Und da sie so verschieden sind, wie es überhaupt nur geht – Lore diszipliniert, hochgeschlossen und mit Perlenkette, Anneliese späthippiemäßig drauf mit Joint und pretty in pink – steckt in der Konstellation des ZDF-Films „Ladylike – Jetzt erst recht“ jede Menge komisches Potenzial.

Im Grunde ist es ein verstaubter Stoff. Die bösen Männer sind weg, jetzt können die betagten Weiber mal richtig auf den Putz hauen. Man hat das öfter gesehen, und meist war es ziemlich albern. Aber „Ladylike“ gehört in eine andere Liga. Denn Monica Bleibtreu spielt Lore und Gisela Schneeberger Anneliese. Auch das Buch von Gerlinde Wolf hat Stärken. Es entstand nach einem Roman von Ingrid Noll. Man darf also davon ausgehen, dass sich die Protagonistinnen nicht immer im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegen. Die Regie von Vanessa Jopp gibt ihnen alle Freiheit, ihre glänzenden darstellerischen Mittel einzusetzen.

„Ladylike“ ist Monica Bleibtreus letzter Film. Man erlebt die grandiose Schauspielerin auf der Höhe ihrer Kunst. Schon wie sie zu Beginn, fest entschlossen, der Welt adieu zu sagen, dann doch tut, was getan werden muss, wenn ein Telefon klingelt, wie sie das hinkriegt, ohne dass es läppisch wirkt, dass es vielmehr herrlich komisch ist, dass es zugleich den Charakter und die Tragikomik dieser Lore-Gestalt wunderbar vorzeichnet, das ist eine große Leistung. Gemeinsam mit Gisela Schneeberger, die ihre flippige Anneliese mit der nämlichen Gelassenheit und Genauigkeit hinlegt, befördert Bleibtreu diesen kleinen Film von der Klamotte, in die er hätte abstürzen können, zur Klassekomödie. Man lacht aber doch nicht so richtig von Herzen, weil man nicht weiß, wie es weitergehen soll mit dieser Art Film ohne Monica Bleibtreu.

Aber wir haben ja Schneeberger noch. Die große Komödiantin widersteht allen Versuchungen, ihre Anneliese in die Karikatur zu drücken, sie gibt dieser Lebenskünstlerin mit dem phantastischen Lockenhaupt gerade so viel Würde und Stabilität, dass immer noch was übrig ist, wenn das verrückte Huhn beim Klamottenklau im Kaufhaus oder beim Flirt mit dem halbseidenen Jugendfreund (Günther Maria Halmer) seinen Ruf riskiert. Schrill wirkt sie dabei schon, aber nicht lächerlich. Wie sie das macht, bleibt ihr Geheimnis. Eins kann man sagen: Genau wie Bleibtreu ist auch Schneeberger bei der Anlage ihrer komischen Rollen vollkommen ernsthaft. Dieses Paradox ist seit dem traurigen Clown eine Binsenweisheit. Egal, es steckt nun mal Wahrheit darin.

„Ladylike“ ist ein Film mit einer Prise Krimi. Also kommt auch ein Kommissar vor (Paul Faßnacht). Von ihm erhält Bleibtreu ihren letzten Filmkuss. Anneliese hatte der mittellosen Freundin diesen guten Rat mitgegeben: „Lore, du solltest dich aufs Küssen verlegen. Das ist umsonst.“ Aber es ist nicht Lores Ding. Sie sorgt lieber mit der WG-Gefährtin dafür, dass beide am Ende doch noch einigen Schotter beiseitegeschafft haben. Das kriegen sie hin, weil sie voneinander lernen. Lore von Anneliese die Illegal-Scheißegal-Regel und Anneliese von Lore ein Quäntchen Disziplin. Barbara Sichtermann

„Ladylike – Jetzt erst recht“, ZDF, 20 Uhr 15

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