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Im Radio: Alte Herren in der Nachspielzeit

Im Deutschlandfunk gibt es ein amüsantes Feature über Männer, die trotz Zipperlein den Kick im Stadion suchen, Christoph Schlingensiefs Hörspiel "Rosebud" über Politik, Medien und Wahrheit in der Spaßgesellschaft läuft im RBB-Kulturradio.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke hat in diesem Jahr den Deutschen Kleinkunstpreis gewonnen. Er hat auch seinen 50. Geburtstag gefeiert und mit „Die Kunst des Nehmens“ ein neues Soloprogramm auf die Bühne gebracht. Grund genug für Autor Götz Gerson, dem Kabarettisten in der Reihe „Querköpfe“ ein Porträt zu widmen. Germanistikstudium, Lehrjahre im Berliner Kleinkunstdschungel, Fernsehen mit Dieter Hallervorden und Dieter Hildebrandt, Intendant der „Distel“ – das sind Stationen der beruflichen Karriere Lüdeckes, zu der auch eine längere Autorentätigkeit für diese Zeitung gehört. Nun also „Die Kunst des Nehmens“, ein Abend über die Raffgier in der Konsumgesellschaft. (Deutschlandfunk, 17. August, 21 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

Der Petersburger Kanzleibeamte Goljadkin erlebt furchtbare Dinge. Ein jüngerer Kollege wird an ihm vorbei befördert und die Tochter des Chefs will ihn nicht heiraten. Goljadkin schleicht uneingeladen zu einem Ball und wird dort grässlich gedemütigt. Am nächsten Morgen entdeckt er seinen Doppelgänger. Ein frecher Kerl, der sich überall vordrängelt und den eigentlichen Goljadkin langsam, aber sicher in den Wahnsinn treibt. Wer ist dieser Andere? Ein abgespaltenes und zu Fleisch gewordenes Identitätsfragment? Der zwischen hochfliegenden Träumen und einer mausgrauen Realität zerquälte Beamte findet keine Antwort. Ulrich Matthes spricht die Hauptrolle in der schönen Hörspieladaption des Romans „Der Doppelgänger“ von Fjodor Dostojewki (Deutschlandfunk, 20. August, 20 Uhr 05).

Zwei liberale Politiker gründen eine Sonntagszeitung, um den Journalismus aus allen Zwängen zu befreien. Zufällig wird im selben Moment die Gattin des Bundeskanzlers entführt, was beiden als idealer Aufmacher für die erste Nummer ihrer Zeitung erscheint. Als sich herausstellt, dass ein ehrgeiziger Reporter die Entführung nur inszeniert hat, gehen die ohnehin fragilen Bindungen zwischen der Wirklichkeit und den Nachrichten über selbige vollends in die Brüche. „Rosebud“ heißt Christoph Schlingensiefs Hörspiel über Politik, Medien und Wahrheit in der fortgeschrittenen Spaßgesellschaft. Vor knapp zehn Jahren hat Schlingensief das muntere Chaos im Radio selbst inszeniert und prompt den „Hörspielpreis der Kriegsblinden“ dafür gewonnen (Kulturradio vom RBB, 21. August, 22 Uhr 05, UKW 92,4 MHz).

Irgendwann ist Schluss mit Fußball. Der älter gewordene Profi macht seinen Trainerschein, der Laie spielt ab sofort lieber Badminton. Rainer Schildbergers amüsantes Feature „Nachspielzeit“ aber porträtiert Männer, die vom schönsten Vergnügen ihrer Jugend nicht lassen können. Es sind Fußballspieler in der sogenannten Altliga, Herren über 50, die noch immer den Kick im Stadion suchen. Der Autor ist selbst einer von denen, und er nimmt den Hörer mit in die Seelenwelt seiner Altherrenmannschaft, die ihrer wachsenden Zahl von Zipperlein auf dem Platz einfach davonrennen möchte (Deutschlandfunk, 21. August, 20 Uhr 05).

Die gerade zehnjährige Tochter liest hingerissen die neuen Vampir-Romane aus Amerika. Ihre Mutter will die Lektüre des Kindes eigentlich nur kontrollieren, liest sich selbst fest und fortan streiten beide, wer die nächste Folge der Vampir-Saga zuerst konsumieren darf. „All Age Romane“ nennt die Buchbranche ein Phänomen, das momentan für Umsatzrekorde sorgt. Sylvia Schwabs Feature „Von 10 bis 100“ erzählt über Fantasy- und Mystery-Epen, die auf Spitzenplätze in den Bestsellerlisten abonniert sind. (Deutschlandradio Kultur, 23. August, 19 Uhr 30, UKW 89,6 MHz).

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