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Im RADIO: Alte Zöpfe und neue Haarschnitte

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten

Die achtzehnjährige Doris ist ganz sicher, dass das Leben etwas Großes mit ihr vorhat. „Ich werde ein Glanz“, sagt sie. Doris gibt ihre Stelle als Sekretärin in einer kleinstädtischen Anwaltskanzlei auf und geht nach Berlin. Sie wird Statistin beim Theater, darf kurz vor einer Filmkamera stehen, landet als Animiermädchen in einer Bar und muss am Ende hinterm Bahnhof anschaffen, um zu überleben. Vor fast 80 Jahren hat die Schriftstellerin Irmgard Keun im Roman „Das kunstseidene Mädchen“ den Teenager Doris aus wohlfeilen Träumen in eine böse Lebenswirklichkeit stürzen lassen. Eine satirische Studie über Glanz und Elend in der Weimarer Republik, die auch als Hörspiel durchaus aktuell erscheint (Kulturradio vom RBB, 5. Februar, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Der Boxer ist ein gern gesehener Gast in der modernen Literatur. Im Feature „Faust und Geist“ von Matthias Eckoldt reden Schriftsteller über ihre Begeisterung für den Boxsport als Abbild menschlicher Existenzkämpfe. Sie selbst sehen sich als einsame Fighter über die lange Distanz, ständig bedroht von Tiefschlägen aus Kritik und Publikum. Der Autor selbst ist zwischen die Seile gestiegen. Ein schöner Spagat zwischen Reportage und intellektueller Reflexion, ein unorthodoxer Blick auf das Boxgeschäft, beinahe so spannend wie ein echter Boxkampf (Deutschlandfunk, 7. Februar, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

Im Jugendamt ist der Teufel los. Die Härtefälle draußen übersteigen jedes naive Vorstellungsvermögen, die Arbeitsüberlastung drinnen ist nicht weniger brutal. Als der einzige männliche Kollege krankgeschrieben wird, löst das bei den im Amt verbleibenden Damen eine wortgewaltige Klage über die Zumutungen ihres Berufslebens aus. Das Sozialamtsdrama „Kaspar Häuser Meer“ von Felicia Zeller ist auf deutschen Theaterbühnen ein großer Erfolg gewesen. Auch die schöne Hörspielfassung erzählt mit komödiantischer Leichtigkeit vom schweren Kampf um die Verwahrlosten in unserer Gesellschaft (Deutschlandradio Kultur, 8. Februar, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Italiens Mafia hat sich verändert. Rohe, unmittelbare Gewalt ist nur noch selten zu sehen, lieber beteiligt man sich am bürgerlichen Geschäftsleben. Das Feature „Mafia in Mailand“ von Henning Klüver erzählt vom Zug des Verbrechens nach Norden. In fünf Jahren wird es in Mailand die Weltausstellung Expo geben. Die Stadt ist für die Mafia ein Testfall. Wie weit kann man von Süditalien aus bis in innere Europa vordringen? (Deutschlandfunk, 9. Februar, 19 Uhr 15)

Die junge Irina ist Friseuse in der russischen Provinz. Sie träumt von der großen Liebe, einer richtigen Familie und dem Leben in der glänzenden Stadt Moskau. Im amüsantem Hörspiel „Parikmacherscha – Die Friseuse“ von Sergej Medwedew geht Irina wie eine Göttin der Liebe durch die Wirren der Provinz. Jedem Mann, der sie umschwärmt, gibt sie Trost und einen neuen Haarschnitt, bleibt aber irgendwie unberührbar. Bis der vorzeitig entlassene Totschläger Jewegenij in ihrem Salon Platz nimmt (Deutschlandfunk, 9. Februar, 20 Uhr 10).

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