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Im RADIO: Fiese Männer und traurige Helden

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten

Als hässliche Betonwüste hat der Schriftsteller Rolf Dieter Brinkmann die Bundesrepublik der 60er und 70er Jahre beschrieben. Ein Land mit verspießerter Alltagskultur und korruptem Kulturbetrieb. Entdeckt wurde der zornige junge Autor damals von dem Lektor Dieter Wellershoff. Mehr als dreißig Jahre später hat Wellershoff, mittlerweile selbst einer der profiliertesten Schriftsteller Deutschlands, einen Radioessay über seine Begegnungen mit dem Sprachmagier Brinkmann geschrieben. „In der Arena der Literatur“ bietet biografische Erinnerungen an ein labiles Genie und darüber hinaus originelle Interpretationen des gewaltigen Werkes (Deutschlandfunk, 26. März, 20 Uhr 30, UKW 97,7 MHz).

Gelähmt vor Angst steht ein Junge auf dem Sprungbrett eines Schwimmbads. Im groben Psycho-Jargon analysiert eine depressive Frau sich selbst in Grund und Boden. Etliche fiese Männer schildern ihre schmutzigen Tricks im Geschlechterkampf. Das ist das Personal in den Erzählungen des Amerikaners David Foster Wallace. Lakonische Porträts gewalttätiger, hinterhältiger oder selbstmitleidiger Egomanen, das tragikomische Bild einer redseligen Gesellschaft, der die Selbstachtung abhanden gekommen ist. Foster Wallaces' schockierende „Kurze Interviews mit fiesen Männern“ sind nun in einer Hörspielfassung zu erleben (SWR 2, 28. März, 22 Uhr 03, Kabel UKW 107,85 MHz).

Über 25 Millionen Kriegsveteranen gibt es in den USA. Überlebende, die im Namen des Vaterlandes Schlachten auf vier Kontinenten geschlagen haben. Feature-Autor Tom Schimmeck hat in den Vereinigten Staaten nach ihren Spuren gesucht. Wie finden Kriegsteilnehmer zurück in zivile Ordnungen? Was bleibt, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, Konflikte mit Waffengewalt zu lösen? Schimmeck entdeckt stolze Ordensträger, fanatische Patrioten, engagierte Kriegsgegner. Sein Beitrag „Die Narben des Uncle Sam“ erzählt auch von den dauerhaft Verletzten, die für jede Form des sozialen Friedens verloren sind (Kulturradio vom RBB, 29. März, 9 Uhr 05, UKW 92,4 MHz).

Wäre Andrej Tarkowski nicht so früh gestorben, hätte er noch einen Film in Berlin gedreht. Der russische Regisseur interessierte sich für die deutschen Romantiker, besonders für E.T.A Hoffmann, den der Volksmund Gespenster-Hoffmann nannte. Tarkowski wollte ihn als Grenzgänger zwischen Realität und Traum porträtieren, als genialen Konstrukteur fantastischer Spiegelwelten. Es gibt ein Szenario für den geplanten, aber nie realisierten Film. Kai Grehn hat daraus ein Hörspiel gemacht. „Hoffmanniana“ beginnt in Hoffmanns Sterbezimmer. Gemeinsam mit dem Dichter reisen Freunde, Verwandte und diverse Spukgestalten ein letztes Mal in die Zauberreiche der romantischen Fantasie (Kulturradio vom RBB, 30. März, 14 Uhr 04).

Als der Russe Michail Lermontov sein Prosawerk „Ein Held unserer Zeit“ schrieb, war er Anfang Zwanzig. Ein gestrandeter Soldat des Zaren, verbannt in den Kaukasus, wo das russische Militär durch Krankheiten und Scharmützel mit den Bergvölkern dahingerafft wurde. Lermontovs Novellen kreisen um einen jungen Offizier namens Grigorij Alexandrovic Pecorin, der eben dieses Schicksal erleidet. Später hat man in Lermontovs Pecorin das literarische Urbild eines „überflüssigen Menschen“ gesehen, ein Typus, in dem sich die russische Intelligenz der Zarenzeit massenhaft erkannte. Michail Lermontov selbst starb mit 27 Jahren bei einem Duell – wie so viele russische Talente warf er sein Leben einfach weg. In einer schönen Radiofassung kann das Schicksal seines traurigen Helden nun nachgehört werden (SWR 2, 30. März, 18 Uhr 20).

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