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Im RADIO: Haareschneiden als Event

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten.

Auf seiner Flucht vor Hitler landete der Dichter Bertolt Brecht in Kalifornien. Einige Jahre lebte er in sonniger Nähe des Pazifik, weitab vom großen Völkergemetzel. Trotzdem war Brecht nicht glücklich. Er fühlte sich von allen kulturellen Wurzeln abgeschnitten, die Gegend um Los Angeles schien ihm ein „Tahiti in Großstadtform“. Edgar Lipkis Hörspiel „Talking exile“ versucht, den Brecht des Exils zu verstehen. Eine furiose Collage aus amerikanischen O-Tönen und Zitaten von Brecht, etwa jener berühmten Rede vor dem McCarthy-Ausschuss, wo ein durchaus verängstigter Brecht zu erleben ist. Auch im sonnigsten Klima, so lernen wir, ist das Exil eine schwere Prüfung (Kulturradio vom RBB, 13. Februar, 22 Uhr 04).

Als Kind hat er wie besessen Käfer gesammelt. Als junger Student fasziniert ihn die Naturtheologie, die Gottes Großartigkeit anhand der Großartigkeit der Natur zu beweisen sucht. Dann wird er auf eine Weltreise eingeladen. Er findet Fossilien, erlebt Erdbeben und Vulkanausbrüche, kann Wildheit und Zivilisation miteinander vergleichen. Alles in der Natur scheint in Bewegung, alles ist Mischung und Entwicklung, ist Evolution. Eine ganze Nacht lang erzählen Ingeborg Breuer und Peter Leusch in „Die Krone der Schöpfung, das Schwein, der Mensch“ über Charles Darwin, der vor genau 200 Jahren geboren wurde (Deutschlandradio Kultur, 14. Februar, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Mittlerweile ist die Berichterstattung über schwerstbetrunkene Kinder und Jugendliche ja eine feste Rubrik in den lokalen Medien. An jedem Wochenende werden sie von der Polizei aufgegriffen. Tom Schimmecks Feature „Koma Kids“ erzählt von jungen Kampftrinkern, für die die totale Bewusstseinauslöschung via Alkohol zuerst eine Art Partygag ist und später vielleicht schon existentielle Notwendigkeit. Ein sehr eindrücklicher Bericht über Jugendalkoholismus in Deutschland (Kulturradio vom RBB, 15. Februar, 14 Uhr 04).

Früher ist der Frisör eine banale Gestalt gewesen. Ein Mensch mit Kittel, der ein kleines Handwerk ausübt und seiner Kundschaft bestenfalls durch charmante Plaudereien imponiert. In unserer glamourösen Epoche hat sich das aber gründlich geändert. Der moderne Coiffeur ist Stilberater, Therapeut, ästhetischer Zauberkünstler. Fast schon ein Bohemien, der seinem Lädchen ironisch-poetische Namen gibt und jederzeit zur Kultfigur avancieren kann. Ursula Gaßmanns amüsantes Feature „Abschnitt!“ untersucht die spektakuläre Verwandlung eines Berufsstandes. Wie eine Dienstleistung zum Event wurde und ein Handwerker zum kulturellen Heilsbringer (Deutschlandfunk, 15. Februar, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

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