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Im RADIO: Hunde und Denken

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten.

Er war Matrose bei der sowjetischen Kriegsflotte und hat auf einem Atomdampfer den Stillen Ozean durchfahren. Nur ein einziges Mal bekam er den Feind zu Gesicht, in Gestalt eines japanischen Fliegers, dem er aus nächster Nähe den Stinkefinger zeigte. Jetzt erinnert sich der Held des Kalten Krieges an seine Militärzeit. In einem furiosen Monolog gedenkt er der vielen Schrecken und wenigen Freuden jener langen Jahre. Der Russe Jewgenij Grischkowez hat den Text geschrieben, der Schauspieler Boris Aljinovic spielt ihn mit grandioser Sinnlichkeit. „Wie ich einen Hund gegessen habe“ ist eine amüsante Reminiszenz an den vergangenen Vielvölkerstaat Sowjetunion. Ein Reich von Stalins Gnaden, in dem Europa und Asien die merkwürdigsten Symbiosen eingegangen sind. Was mitunter auch den Verzehr von Hunden einschloss (Deutschlandradio Kultur, 21. Oktober, 21 Uhr 33, UKW 89,6 MHz).

Michel Foucaults Analysen der modernen bürgerlichen Gesellschaft sind bis auf die Gemeinplätze unseres Bewusstseins vorgedrungen. Wir alle wissen, dass nicht äußerer Zwang uns zusammenhält, sondern eine Disziplin, die tief in den Körpern wohnt. Foucaults Kollege Jacques Derrida hat den „Dekonstruktivismus“ erfunden, der weltweit zu einer philosophischen Schulmethode geworden ist. Klaus Englerts aufregender Radioessay „Penser autrement“ widmet sich den beiden französischen Geistesartisten, von denen dieses Jahr posthum neue Bücher auf den Markt gekommen sind. Ein guter Anlass, um über die Aktualität zweier Philosophen nachzudenken, die die Spielregeln unserer Kultur mit respektloser Schärfe seziert haben (Kulturradio vom RBB, 22. Oktober, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Eine junge Frau trifft sich zum ersten Mal mit ihrem vermeintlichen Vater. Die Beziehung des Mannes zur Mutter hielt nur kurz, danach hat er zwei Jahrzehnte lang brav Alimente gezahlt. Nun stehen sich Vater und Tochter rätselhaft fremd gegenüber und beschließen, einen Gentest machen zu lassen. Dessen Ergebnis ist für alle schockierend. Eine andere Frau hört plötzlich Gerüchte, ihr Vater sei gar nicht ihr echter Vater. Schon immer hat sie sich unwohl gefühlt in der Nähe dieses Mannes. Sie trifft sich mit einem anderen Mann, der angeblich ihr wahrer Vater sein soll. Zwischen beiden funkt es sofort, sie spüren Nähe und Wärme. Diese und ähnliche Geschichten von Kuckuckskindern erzählt Matthias Baxmann in seinem Feature „Wer ist der Vater?“. Eine spannende Dokumentation über die abgründigen Geheimnisse der Herkunft, über Liebesbetrug und die vermeintliche oder tatsächliche Biologie unserer Gefühle (Kulturradio vom RBB, 24 Oktober, 9 Uhr 05).

Anderthalb Monate lang blieb im Mai und Juni 1945 die erzgebirgische Kleinstadt Schwarzenberg unbesetzt. Die Naziherrschaft war im Ort untergegangen, die Siegermächte aus Ost und Weste hatten den abgelegenen Winkel einfach vergessen. Schwarzenberg lag im politischen Niemandsland, im Windschatten der Geschichte. Eine Situation, die manche als furchterregendes Chaos empfanden und andere zu sozialromantischen Fantasien einlud. Politische Aktivisten gründeten eine Republik Schwarzenberg, der vor Jahrzehnten bereits Stefan Heym einen Roman widmete. Nun sinnt der Dramatiker Volker Braun den damaligen historischen Möglichkeiten und ihrem Untergang im Tatsächlichen nach. Sein Hörspiel „Das unbesetzte Gebiet“ erzählt eine unglaubliche Geschichte, die trotzdem wahr gewesen ist (Deutschlandfunk, 24. Oktober, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

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