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Im RADIO: Im Sonderzug nach Pankow

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten

Seit gut drei Jahrzehnten näselt sich Udo Lindenberg quer durch unsere Hitparaden. Der charmanteste Rocker, den Deutschland je hervorgebracht hat. Zu Udos beeindruckender Künstlervita gehört auch sein Auftritt im Ost-Berliner „Palast der Republik“ im Jahr 1983. Im Feature „Panik, Poesie, Palast“ erzählt Autor Thilo Schmidt, wie es zu diesem legendenumwobenen Konzert gekommen ist. Er hat die Strippenzieher von damals getroffen: Kulturpolitiker, FDJ-Funktionäre, Musikmanager. Leute, die sich von politischen Widerständen nicht entmutigen ließen. Auch Udo himself erinnert sich an die Sternstunden in Ost-Berlin (Kulturradio vom RBB, 1. Oktober, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Rund 1400 Kilometer ist die innerdeutsche Grenze lang gewesen. 1990 wurden alle materiellen Zeugnisse beseitigt. Nur noch langgestreckte Schneisen in den Wäldern erinnern heute an die tragische Barriere. Im Sommer 2008 ist Autor Frank Möller mit dem Fahrrad der einstigen Grenzlinie gefolgt. Für sein Feature „Grenzerfahrungen“ hat er nach Spuren gesucht. In der Natur, aber auch in den Köpfen der Anwohner. Ein eindrucksvolles Reisetagebuch durch eine deutsch-deutsche Geschichtslandschaft (Deutschlandfunk, 3. Oktober, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz)

Zwei ostdeutsche Bohemiens erzählen über ihre bewegte Jugend. In den Fünfzigern malten Gerhard Bätz und Manfred Kiedorf als gelernte Schaufensterdekorateure überlebensgroße Stalin-Bilder, aber am Künstlerhimmel standen ganz andere Sterne. Befeuert von Rotwein und exzessiver Fantasie kreierten sie Miniaturwelten aus Sperrholz und Pappe. Königreiche mit Herrschern und Untertanen, deren Armeen sich Schlachten lieferten. Zwei talentierte Bastler, die wirklich ernst machten. Während draußen der reale Sozialismus seinen bleiernen Gang nahm, verschwanden sie jahrzehntelang in einem extraterrestrischen Paralleluniversum. Die Zeugnisse der großen Bastelwut sind noch heute in einer Wanderausstellung zu sehen. Im Hörbild „Die Schlösser der gepriesenen Insel“ lässt Autor Matthias Thalheim die alt gewordenen Träumer erzählen (Deutschlandfunk, 4. Oktober, 20 Uhr 05).

Wer den Berliner Künstler Martin Kippenberger nie live erlebt hat, sollte das Hörspiel „Kippenberger hören“ von Oliver Augst und Rüdiger Carl nicht verpassen. Hier feiert der 1997 verstorbene Maler, Bildhauer, Dichter von Unsinnstexten, Entertainer und Punkmusiker fröhliche Auferstehung. In einer rasanten Text- und Musikcollage überschlagen sich O-Töne von Kippenberger, Rezitationen seiner Nonsensgedichte, musikalische Statements von der Punkfront im guten, alten West-Berlin. Was Kippenberger meinte, wenn er sich selbst einen „ironischen Alleinunterhalter mit Unterwanderungsabsicht“ nannte, wird noch einmal ganz und gar plastisch (Deutschlandfunk, 7. Oktober, 20 Uhr 10).

Als der kleine Wilhelm, den die Deutschen später Wilhelm II. nannten, 1859 in Berlin zur Welt kam, hatten seine Eltern natürlich Großes mit ihm vor. Doch zunächst musste ein Missgeschick der Natur korrigiert werden. Der Prinz war mit einem verkrüppelten Arm geboren worden, was einen Großeinsatz der damals heftig aufstrebenden Apparatemedizin auslöste. Wilhelm wurde mit Elektroschocks behandelt und in Streckmaschinen gezwängt. Im Feature „Gymnastik und Electricität“ betrachtet das Künstlerduo Serotonin den Prinzen als prominentes Opfer einer Epoche, die an die Machbarkeit aller Dinge zu glauben begann. Das hochgeborene Kind wurde auf die Folter gespannt, weil der gute pädagogische Wille keine Grenzen mehr akzeptierte (Deutschlandradio Kultur, 8. Oktober, 0 Uhr 05).

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