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Im RADIO: Kampftrinker und Kambodscha

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten

Das Hörspiel „Die „Geschichte von den vier Werkzeugmachern“ von Volker Braun führt zurück in die deutschen Wendejahre. Damals im Osten, als die Arbeit insgesamt nicht viel wert war, wohl aber jede einzelne Arbeitskraft, lebten Brauns Werkzeugmacher behaglich. Ganz dick waren sie vom Sich-Durchwursteln, und sie hatten zufriedene und flaue Gefühle. Als die Geschichte ungebeten in ihren toten Winkel einbricht, mit Treuhandmanagern und kapitalistischer Wirtschaftsrationalität, ist das ein betäubender Schicksalschlag. Auf den gesellschaftlichen Umbruch folgt das Drama des Identitätsverlustes. Akribisch zeichnet Braun die triviale Kompliziertheit dieses Vorgangs nach. Selten ist die Geschichte der sogenannten Wendeverlierer eindringlicher erzählt worden (Kulturradio vom RBB, 1. Mai, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Was tun, wenn die eigene Mutter mal eine radikale Linke gewesen ist? Wenn sie in ihrer Jugend sogar mit Mao und Kim Il Sung sympathisierte und auch im Alter nichts von bürgerlicher Versöhnung wissen wollte? In seinem Feature „Geris radikale Abenteuer oder Eine Rote Mutter in New York“ erzählt David Zane Mairowitz die Lebensgeschichte einer linken Aktivistin in den USA, die nebenbei auch seine eigene Mutter gewesen ist. In surrealen Montagen beschwört er die Verstorbene noch einmal herauf, lässt sie ihr Leben munter kommentieren. Auch für ihre Kinder hat sie allerhand radikale Ratschläge (Deutschlandradio Kultur, 2. Mai, 18 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Fast alle Figuren des norwegischen Dramatikers John Fosse haben mit dem Meer zu tun. Sie leben am Fjord, sie fahren zum Fischen aufs Wasser hinaus und manchmal auch zum Sterben. Sie fühlen eine dunkle Sehnsucht, in der Natur zu verschwinden, spurlos in die Elemente einzugehen. Eigentlich haben sich die beiden Männer in Fosses Hörspiel „Ich bin der Wind“ nur zum Segeln verabredet, aber daraus wird eine Reise auf Leben und Tod. Zwei Männer in einem winzigen Boot auf offener See. Fosse macht daraus eine sublim rhythmisierte Ballade aus dem Geist der nordischen Mythologie, geprägt von minimalistischen Wiederholungen, die das Kreisende und in sich Verbohrte unserer Existenz kunstvoll nachbilden (Deutschlandradio Kultur, 3. Mai, 18 Uhr 30).

Mittlerweile ist die Berichterstattung über schwerstbetrunkene Kinder und Jugendliche eine feste Rubrik in den lokalen Medien. An jedem Wochenende werden sie von der Polizei aufgegriffen, was früher diskret geschah, wird zum öffentlichen Ereignis. Das Feature „Koma Kicks“ von Tom Schimmeck erzählt aus dem Milieu junger Kampftrinker. Die totale Bewusstseinauslöschung via Alkohol ist zuerst eine Art Partygag, später wird nicht selten existenzielle Not daraus. Schimmeck hat mit minderjährigen Geselligkeits- und Gewohnheitstrinkern gesprochen. Herausgekommen ist ein eindrücklicher Bericht über Jugendalkoholismus in Deutschland (Deutschlandfunk, 3. Mai, 20 Uhr 05).

Autor Andreas F. Müller ist nach Kambodscha gefahren. Vor dreißig Jahren war hier die Hölle auf Erden. Die Schlachtfeste der Roten Khmer stürzten das Land in traumatische Dämmerung. In den Jahrzehnten danach blieben die Schrecken der eigenen Geschichte tabuisiert, die Mörder lebten unbehelligt mitten in der Gesellschaft, nur ein dünner Zivilisationsfirnis lag über brodelnder Gewalt. Aber nun hat das Land wieder eine Hoffnung. Regierung und Vereinte Nationen haben ein Tribunal zur Aufklärung der Verbrechen ermöglicht, der erste Massenmörder steht bereits vor Gericht. Müllers Feature „Rückkehr nach Kambodscha“ erzählt von einer Gesellschaft, die wieder zum Leben erwacht ist (Deutschlandfunk, 5. Mai, 19 Uhr 15).

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