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Medien: Im Radio: Mit Kinderaugen

Ein jüdischer Junge aus Budapest wird im letzten Kriegsjahr verhaftet und zusammen mit Gleichaltrigen nach Auschwitz deportiert. Er ahnt nicht, was ihn am Ende der Reise erwartet.

Ein jüdischer Junge aus Budapest wird im letzten Kriegsjahr verhaftet und zusammen mit Gleichaltrigen nach Auschwitz deportiert. Er ahnt nicht, was ihn am Ende der Reise erwartet. Sein Bild von den Deutschen hat helle Farben. Im Gymnasium hat er ihre Sprache gelernt, die alten Leute haben ihm von der Ordnungs- und Arbeitsliebe der Deutschen erzählt. Also erhofft er sich von der Fahrt nach Auschwitz eine Art Bildungsreise. Als der Zug ankommt, entdeckt der Junge zuerst die gepflegte Wohnsiedlung der Wachmannschaften. Hier wird es ihm gefallen, denkt er.

Der Ungar Imre Kertész hat in seinem autobiografischen "Roman eines Schicksallosen" diese groteske Reise beschrieben. Die Geschichte eines Opfers, das zu naiv ist, um überhaupt ein Schicksal zu haben. Das in den Malströmen der Zeit spurlos vergehen wird, aber dann doch wie durch ein Wunder davonkommt. Die Welt der deutschen KZs, aus der Perspektive eines erstaunten Kindes geschildert. Auch in der Hörspielfassung hat die Story nichts von ihrer dramatischen Kraft verloren (SWR 2, am 4. November, 16 Uhr 05, UKW Kabel 107,85 MHz).

Knapp zehn Jahre nach Auschwitz entstand Ilse Aichingers Hörspiel "Knöpfe". Eine düstere Parabel auf die jüngste Vergangenheit. Das Ungeheuerliche in einer metaphorischen Handlung umkreisend. Es geht um Frauen, die in einer Fabrik Knöpfe sortieren. Schöne, kostbare Knöpfe, die weibliche Vornamen tragen. Hinter der Wand hört man seltsame Geräusche. Ab und zu verschwindet eine der Frauen, und wenig später taucht ein neuer Knopf auf, der ihren Namen trägt. Soll man das Schlimmste glauben? Oder sich lieber an den schönen Knöpfen und der sicheren Arbeit erfreuen? Aichingers Hörspiel ist ein Klassiker des Genres, zum 80. Geburtstag der Autorin erneut gesendet (Deutschlandfunk, am 3. November, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

Dabei hatten die politischen Träume der Deutschen im frühen 20. Jahrhundert einen so rosigen Schimmer. Vor genau hundert Jahren wurde im Ratskeller zu Steglitz der "Wandervogel" gegründet. Ein naturhaft einfaches Leben in kleinen Gemeinschaften wollte man führen. Mit der Gitarre auf den Landstraßen unterwegs sein, fern von den Zumutungen der industriellen Moderne und den nüchternen Verkehrsformen gewöhnlicher Zeitgenossen. "Weit in ein unverwandtes warmes Land", heißt Ulrich Grobers Feature über die Geschichte dieses träumerischen Bundes, der eine Spätblüte der Romantik war. Novalis im Kopf, den Militärmarsch in den Beinen (Radio Kultur, 4. November, 14 Uhr, UKW 92,4 MHz).

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