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Im Radio: Sie liebten und sie siezten sich

Tom Peuckert verrät, was man im Radio in den nächsten Tagen nicht verpassen sollte.

Herr Jensen ist Briefträger. Als studentische Aushilfskraft blieb er bei der Post hängen, versah seinen Dienst 15 Jahre ohne Beanstandungen und wird nun trotzdem entlassen. Der moderne Jedermann stürzt aus dem schmalen sozialen Netz, das ihn bisher zuverlässig gehalten hat. Herr Jensen ist jetzt ganz auf sich allein gestellt, und das geht nicht gut. Jakob Heins Hörspielminiaturen „Herr Jensen steigt aus“ erzählen, wie einer bei dem Versuch, seine bescheidene Individualität auch ohne Job zu behaupten, allmählich zum Grübler und Sonderling wird. Eine schöne Geschichte über die Rolle der Berufsarbeit als lebenserhaltender Anschluss an die Gesellschaft (Kulturradio vom RBB, bis 15. April, Montag bis Freitag, jeweils 14 Uhr 10, UKW 92,4 MHz).

In einer Welt, die Konsum und Genuss heiliggesprochen hat, scheint der Zölibat das Unzeitgemäße an sich. Kein Wunder, dass die freiwillig Entsagenden heute beinahe automatisch Verdacht auf sich ziehen. Für sein Feature „An das Eine denken“ hat Michael Lissek mit Menschen gesprochen, die enthaltsam und ehelos leben wollen. Mit welchen Vorstellungen gehen Priesteramtskandidaten in ihre „Berufung“, aus welchen Milieus kommen sie, was haben sie bisher erlebt? Und wie unterstützt die katholische Kirche ihre Angestellten bei der schwersten ihrer beruflichen Pflichten? Pastoralpsychologen und Regenten eines Priesterseminars geben Auskunft (SWR 2, 6. April, 22 Uhr 05, Kabel UKW 107,85 MHz).

Im Fernsehen gibt es jetzt häufig Frauenboxen, im Polizeibericht liest man von Mädchengangs. Auch in puncto Gewalt will das weibliche Geschlecht nun seinen Anteil vom Kuchen. Sabine Bernardis und Annette Blaschkes Feature „Riot Girls“ erzählt von den neuen Waffen junger Frauen. Kratzen und Beißen war gestern, heute trainiert frau Kampfsport und prügelt sich durch den urbanen Dschungel wie ein Kerl. Das Feature beobachtet Mädchen beim staatlich verordneten Anti-Aggressions-Training und erzählt von Straftäterinnen, die es nicht geschafft haben, ihre Wut in legale Bahnen zu lenken (Deutschlandradio Kultur, 11. April, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Vor 25 Jahren starb Simone de Beauvoir, die große Schriftstellerin und Ikone des Feminismus. Walter van Rossums Dokumentarhörspiel „Die Liebe ist eine Baustelle“ widmet sich der Lebensaffaire zwischen de Beauvoir und Sartre. Eine Zitatencollage aus autobiografischen Schriften des Traumpaars, untermalt mit französischen Chansons. Fünfzig Jahre lebten Simone und Jean-Paul eine öffentliche Beziehung, die scheinbar alle Spielregeln zwischen Frau und Mann außer Kraft setzte. Man liebte einander innig, aber jeder durfte Sex haben, mit wem und wann immer er wollte. Man brauchte einander bedingungslos, aber siezte den anderen aus Respekt vor dessen Persönlichkeit. Eine wirklich bizarre Geschichte, irgendwo zwischen metaphysischem Experiment und schwülem Intellektuellenporno (Deutschlandfunk, 12. April, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Er war der größte Popstar, den die Sowjetunion hatte. Kosmonaut Juri Gagarin, der 1961 in seiner „Wostok“-Raumkapsel als erster Mensch die Erde von außen sah. Nach einem eher kurzen Flug feierte ihn die russische Propaganda als Prototyp des sozialistischen Übermenschen. Für ihr biografisches Feature „Wostock 1“ haben die Autoren Walter Famler und Herwig Höller eine lange Reise ins russische Kernland gemacht. Auf der Spur der Gagarin-Legende besuchen sie die Lebensstationen des Kosmonauten: das Dorf seiner Geburt, die einstigen Raumfahrtzentralen in Moskau, das immer noch abgeschirmte „Sternenstädtchen“, wo Gagarin 1968 bei einem Übungsflug tödlich verunglückte (Deutschlandradio Kultur, 13. April, 0 Uhr 05).

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