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Im RADIO: Temporausch und Tempelschlaf

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten

Er hat Goethe im Hausrock porträtiert und den großen Friedrich aufs Pferd gesetzt. Ob Büste oder Standbild, fast die ganze Elite Preußens ließ sich von ihm in Stein hauen. Sein Lehrer Schadow verstörte durch genialisches Temperament, aber er repräsentierte den klassizistischen Mainstream auf vorbildhafte Weise. Die Rede ist von Christian Daniel Rauch, der vor 150 Jahren in Dresden starb. Das Feature „Wie ein Nagelschmied immer am Feuer“ von Sibylle Tamin porträtiert einen preußischen Künstler, der vom Kammerlakai zum ersten Bildhauer des Landes aufstieg (Kulturradio, 28. November, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Von Paul Virilio, dem französischen Philosophen und „Geschwindigkeitstheoretiker“, haben wir uns oft über die apokalyptischen Tendenzen der Moderne aufklären lassen. Wer empfände nicht bisweilen das Tempo seiner Gegenwart als viel zu hoch? Wem schienen nicht häufig Komfort und Katastrophe als die zwei Seiten einer Medaille namens Fortschritt? Unseren Angstaffekten hat Virilio stets neue Nahrung verschafft. „Klaustropolis“ heißt ein Feature von Christoph Vormweg, das die Gedanken des Franzosen vorstellt. Wie der Titel schon andeutet, geht es vor allem um Virilios Blick auf die wuchernden Metropolen der Gegenwart. Steinerne Gehäuse einer Panik, die untrennbar zur kapitalistischen Kultur gehört (Deutschlandradio Kultur, 29. November, 19 Uhr 30, UKW 89,6 MHz).

Dass apokalyptische Spekulationen schon lange zum guten Ton unter Intellektuellen gehören, erzählen Matthias Kaether und Teresa Schombug in ihrem Feature „In allen Lüften hallt es wie Geschrei“. Der Titel stammt aus Jakob van Hoddis' berühmten Gedicht „Weltende“, das vor knapp hundert Jahren die expressionistische Kunstepoche eröffnete. Damals stürzte der Tunguska-Meteorit auf die Erde, die Menschheit fürchtete sich vorm Halleyschen Kometen, der Schriftsteller H.G. Wells erfand den Angriff der Außerirdischen. Das Feature berichtet über Massenpsychosen der vorletzten Jahrhundertwende, die uns Heutigen durchaus bekannt vorkommen (Deutschlandfunk, 30. November, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Alljährlich im November erscheinen die neuesten Auflagen der berühmten Restaurantführer. Wem strahlen die Sterne im „Michelin“, wer wurde vom „Gault-Millau“ mit Punktabzug bestraft? Für die einen sind das existentielle Dramen, andere beißen lachend in ihre Currywurst. Christian Blees' Feature „Restaurantkritiker“ versucht, eine Brücke zwischen gastronomischer E- und U-Kultur zu bauen. Blees erzählt aus der Lebenswelt prominenter Restaurantkritiker. Vom Theater des Kochens zwischen Kunst, Kommerz und Komödie. Kuriose Interna des Gewerbes werden ausgeplaudert, alte Skandale lustvoll herausgekramt (Deutschlandfunk, 2. Dezember, 20 Uhr 05).

Noch knapp fünf Wochen lang leben wir im „Jahr der Geisteswissenschaften“. Das Feature „Träum' dich gesund“ von Mona Motiramani stellt ein interdisziplinäres Forschungsprojekt Berliner Geisteswissenschaftler vor. Es geht um den so genannten Heilschlaf, der in der Antike als probates medizinisches Mittel galt. Im Asklepios-Heiligtum zu Epidaurus gab es große Schlafhallen, in denen Kranke durch heilsame Träume ihre Gesundheit wiedererlangen sollten. Ob dahinter mehr als Mythologie und Irrationalismus steckt, erforscht an der Humboldt-Universität ein Team aus Theologen, Archäologen, Philologen und Medizinern. Wie könnte eine moderne Form des „Tempelschlafs“ aussehen? Gibt es tatsächlich eine Heilung durch den Geist und seine Einbildungskräfte? (Kulturradio, 3. Dezember, 19 Uhr 04)

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