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Im RADIO: Teure Kurven, Sünde des Herzens

Tom Peuckert erklärt, was Sie im Radio nicht verpassen dürfen.

Der berühmteste Cowboy der DDR hieß Dean Reed. Ein aus Colorado eingewanderter Sänger, der ein paar Jahre lang im ostdeutschen Unterhaltungsbetrieb das große Rad drehte. Man sah Reed in Fernsehshows, wo er rockige Lieder sang und für Frieden und Sozialismus warb. Im Juni 1986 fand man den Künstler ertrunken in einem See gleich hinter Berlin. Gerüchte sprachen von Liebeskummer und politischen Intrigen. Bernd Dreiockers Feature „Genosse Rockstar und seine Ost-Fans“ erzählt die Lebensgeschichte eines charismatischen Amerikaners in Honeckers kleinem Reich (Kulturradio vom RBB, 26. Juni, 19 Uhr 05, UKW 92,4 MHz).

Nachrichten sind selbstverständlich in den Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wie aber kommt eine Nachricht, zumal eine politische, in die „Tagesschau“, ins „heute-journal“, in die Inforadios? Tom Schimmeck hat sich auf den Weg gemacht. „Funkverkehr“ heißt sein Feature. Was leicht anzüglich klingt, verweist nur auf die Umstände. Die aus Pressekonferenzen, Sitzungen und Gesprächen berichtenden Journalisten sollen nah dran sein am politischen Geschehen – aber zugleich unabhängig, distanziert, staatsfern. Der Autor traf Lobbyisten, Politiker, Parteistrategen, Pressesprecher, Nachrichtenmacher, Chefredakteure von früher und heute (Kulturradio vom RBB, 26. Juni, 22 Uhr 04, UKW 92,4).

Ein Mann kehrt aus der Großstadt in das Dorf seiner Kindheit zurück. Was Heimat war, hat sich in eine Wüste verwandelt. Der beste Freund ist ein Pflegefall geworden, die Dorfjugend von einst dem Alkohol verfallen. Nis-Momme Stockmanns Hörspiel „Der Freund krank“ ist eine exzessive Sozialtragödie zwischen Hyperrealismus und Poesie. Vielleicht hat das Unglück mit der Schließung der einzigen Fabrik zu tun, vielleicht mit dem Bau einer Autobahn in unmittelbarer Nähe des Dorfes. Irgendwann muss sich der Heimkehrer fragen, ob auch sein Handeln zur Zerstörung der Heimat beitrug (Kulturradio vom RBB, 28. Juni, 22 Uhr 04).

Die Langeweile gilt heute als unerlaubter Seelenzustand. Eine ganze Industrie arbeitet daran, sie aus unseren Köpfen zu vertreiben. Aber die Langeweile hat stets auch Fürsprecher gefunden, weil aus müßigen Momenten Kreativität und Selbsterkenntnis entstehen können. In Florian Ehrichs Langer Radionacht „Die Beschwörung der Zeit“ reflektieren Experten die Langeweile in all ihren Facetten. Als Sünde des Herzens, als Königsweg zur inneren Einkehr (Deutschlandradio Kultur, 29. Juni, ab 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Als vor 30 Jahren westdeutsche Zeitungen die Vergabe eines Milliardenkredits an die DDR meldeten, glaubten viele Leser an einen Scherz. Ausgerechnet der Kommunistenfresser Franz Josef Strauß hatte den Deal mit einem SED-Kader namens Schalck-Golodkowski eingefädelt. Paul Kohls Feature „Meisterschaft in Kurventechnik“ erzählt, was damals hinter den Kulissen geschah. Warum Bonn den feindlichen Bruder nicht mehr ökonomisch an die Wand drücken wollte, was die Milliarde Westmark im Osten bewirkte und ob je etwas vom Kredit zurückgezahlt wurde (Kulturradio vom RBB, 29. Juni, 9 Uhr 05).

Ganz am Ende ist der verbannte Napoleon ein einsamer Mann geworden. Nur pompöse Erinnerungen sind ihm geblieben. In Gerhard Rentzschs Hörspiel „Darf ich wieder zu Napoleon?“ muss der Imperator mit einem kleinen Mädchen als Zuhörerin vorliebnehmen. Die halbwüchsige Betsy verbringt ihre Nachmittage gern bei dem Alten. Seine Heldengeschichten interpretiert sie eigenwillig, seinen Erziehungsversuchen begegnet sie mit Skepsis. Nur durch Spiele kann Napoleon ihr Herz gewinnen. Ein Hörspiel aus den Archiven des DDR-Rundfunks (Kulturradio vom RBB, 30. Juni, 14 Uhr 04).

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