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Im RADIO: Tingeltangel und "Top Dogs"

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten.

Ein Mann weint hemmungslos vorm Mikrofon. Zwanzig Jahre lang hat er im Rampenlicht gestanden, als Tänzer auf Deutschlands größter Revuebühne. Nun ist er in den Vierzigern und die Knochen taugen nicht mehr für die große Show. Er wird in den Ruhestand geschickt, fällt in schwarze Löcher aller Art, noch Jahre später fließen Tränen bei der Erinnerung ans einstige Künstlerglück. In Hans Schreibers Feature „Der Tänzer vom Friedrichstadtpalast“ erzählt der Mann mit größter Aufrichtigkeit von seinem Bühnenleben, das im Show-Olymp der DDR begann und im bundesdeutschen Tingeltangel endete. Ein beeindruckendes Dokument, eine Lebensgeschichte, die man nicht so schnell vergisst (Kulturradio vom Rundfunk Berlin-Brandenburg, 26. Juli, 9 Uhr 05, UKW 92,4).

Für europäische Beobachter war China stets ein Gegenstand faszinierter Sorge. Frühe Reisende erzählten von einer extrem widersprüchlichen Hochkultur: robust und doch verfeinert, diszipliniert und doch zügellos. Die Irritationen sind bis in die Gegenwart spürbar, man denke nur die grassierende Furcht vor dem chinesischen Wirtschaftsboom. Feature-Autor Jens Jarisch hat in Shanghai gelebt und versucht nun, die gigantische Metropole akustisch zu porträtieren. „Die Stadt der Hundert-Meter-Menschen“ erzählt vom Crash zwischen Tradition und Moderne und den verschwimmenden Bruchlinien zwischen Realität und Fiktion. Vom Gefühl der Surrealität, wie es einen Europäer in Shanghai leicht überfallen kann (Kulturradio vom Rundfunk Berlin- Brandenburg, 27. Juli, 14 Uhr 04).

Urs Widmers Drama „Top Dogs“ ist auf deutschen Theaterbühnen ein Riesenerfolg gewesen. Eine Geschichte über Führungskräfte, deren Arbeitsplätze gerade wegrationalisiert werden. Nun landen sie im so genannten „Outplacement Center“, wo sie noch ein bisschen autoritär herumwüten dürfen, aber am Ende doch ihren Absturz realisieren müssen. Eine scharfsinnige und zugleich amüsante Studie über soziales Elend in den oberen Rängen. Widmer hat sein Stück nun selbst für das Hörspiel bearbeitet (SWR 2, 27. Juli, 18 Uhr 20, Kabel UKW 107,85 MHz).

Angeblich beteiligen sich zwei Drittel aller Deutschen regelmäßig an Glücksspielen. Einige verlieren die Kontrolle über ihre Passion und werden spielsüchtig. In seinem Feature „Nichts geht mehr“ erzählt Autor Wolf Eismann von modernen Glücksrittern, die der quälenden Begierde verfallen sind, aus wenig Geld in kurzer Zeit sehr viel Geld zu machen. Im Spielkasino kämpfen sie gegen den mathematischen Zufall und führen dabei oft ein Leben am Rand des Abgrunds. Die Zahl der Kasinos in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Der Staat schaut zu und kassiert. Für die Opfer zahlen die Krankenkassen dann eine Therapie (Deutschlandfunk, 27. Juli, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

Ebenfalls nach Shanghai führt Qiu Xiaolongs Krimi „Tod einer roten Heldin“. Im Jahr 1990 ist China ein Land im Umbruch. Einerseits noch tief verinnerlichte Zwänge der kommunistischen Diktatur, andererseits das ungestüme Heraufdämmern einer kapitalistischen Morgenröte. Eben feiert Oberinspektor Chen den Einzug in sein winziges Einzimmerappartement mit Kochnische, da wird er zum Fundort einer weiblichen Leiche gerufen. Die Ermordete war Leiterin einer Kosmetikfirma, Model-Schönheit und als „Heldin der Arbeit“ hoch dekoriert. Aber dann entdeckt Chen Spuren eines Doppellebens. Die sozialistische Vorzeigefrau hatte Kontakte zur männlichen Politprominenz, die äußerst anrüchig wirken (Deutschlandradio Kultur, 28. Juli, 21 Uhr 33, UKW 89,6 MHz).

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