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Medien: Im Radio: Warhol & Neuss

Irgendwie hat Andy Warhol es als Erster gewusst. Dass es kein Entrinnen gibt aus den goldenen Käfigen der westlichen Zivilisation.

Irgendwie hat Andy Warhol es als Erster gewusst. Dass es kein Entrinnen gibt aus den goldenen Käfigen der westlichen Zivilisation. Dass hinter der Warenwelt keine wahre Welt auf uns wartet. Warhol wurde nicht kritischer Intellektueller, sondern ein Zeremonienmeister des bürgerlichen Gesellschaftsspiels. In der Beat-Reihe des Deutschlandfunk sind Andy Warhol die abschließenden Kapitel gewidmet. Zunächst mit dem Dokumentarstück "Index", das Warhols Weg durch die amerikanischen fünfziger und sechziger Jahre nachzeichnet. Freunde und Bewunderer sprechen über den inneren Bauplan des Gesamtkunstwerks Andy Warhol. Der Künstler als Prophet des Trivialen, das Genie als Partylöwe (Deutschlandfunk, am 20. Februar um 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Ein Mann von ganz anderem Gemüt, der auf bürgerlichen Partys stets misslaunig herumstand, ist die Hauptfigur in Ingomar von Kieseritzkys Hörspiel "Die Fragen des Yeti oder Die Lichtung". Zwar ist Martin Heidegger gar nicht leibhaftig beteiligt an jener Wanderung durchs Hochgebirge, die in diesem Hörspiel eine illustre Philosophenschar unternimmt. Aber der deutsche Meisterdenker ist die leere Mitte aller Diskurse, die in Sturm und Eis entfesselt werden. Kieseritzky lässt sein Personal am Berg scheitern: Große Existenzentwürfe stürzen ins Nichts, und das metaphysische Raunen erstirbt in der Tiefe enormer Schluchten. Doch im Moment ihres Falls sind die Philosophen schon scheintot, abgeschossen vom Sperrfeuer der Pointen des Autors. Die Philosophie, will Ingomar von Kieseritzky mit seiner furiosen Comedy wohl sagen, ist Artistik im Hochgebirge des Hirns, bei der es an Abstürzen nicht mangelt (SWR 2, am 18. Februar um 16 Uhr 05, Kabel UKW 107,85 MHz).

Wer sich aber am exzessiven Parlando des unsterblichen Wolfgang Neuss erfreuen will, hat bei Radio Kultur die Gelegenheit. Ein Berliner Journalist ist Weihnachten 1985 mit Wolfgang Neuss zum Interview verabredet. Man trifft sich in der Wohnung des Kabarettisten, ein Mikrofon wird aufgestellt, doch zunächst naschen Gast und Gastgeber an einer größeren Tüte Haschisch. Während der Besucher im Nebel versinkt, steigert sich der erprobte Kiffer Wolfgang Neuss in einen luziden Monolog hinein: "Ick sitze hier und denke: Sind die blöde". Das Titel gebende Zitat ist schon die Quintessenz des Ganzen. Viele Jahre schmorte das interessante Zeugnis vergessen in irgendeiner Schublade. Nun hat sich der Rauch verzogen und die alten Bänder sind ans Licht gekommen (Radio Kultur, am 23. Februar um 21 Uhr, UKW 92,4 MHz).

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