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Medien: In der Not hilft: Ruhe bewahren

Springer-Blätter hadern mit der WAZ-Gruppe. Der Verlag bleibt gelassen

Von Ulrike Simon

Wahrscheinlich hat es noch nicht jeder bemerkt: Das Abendland geht unter. Die vereinte Linke mobilisiert ihre Kräfte, um die Republik in ihren Grundfesten zu erschüttern, das Grundgesetz gerät ins Wanken. Warum? Weil die WAZ-Gruppe, ein sehr großer, aber auch sehr regionaler Verlag, möglicherweise beim Springer- Konzern, einem noch viel größeren und viel mächtigeren Verlag einsteigen möchte.

Seit Tagen bombardieren „Welt“ und „Bild“ ihre Leser mit schlimmsten Befürchtungen. Vergleiche mit Putins byzantinischer Medienpolitik, Berlusconis Doppelmacht, Murdochs hyperkapitalistischer Expansion bemüht „Welt“-Chef Wolfram Weimer im Leitartikel von Mittwoch. Ganze Seiten werden für die Berichterstattung zur drohenden „feindlichen Übernahme“ von Springer durch die WAZ freigeräumt. Die Meinungsvielfalt wird beschworen, die Freiheit sowieso, und Experten werden gefragt, die dann Sätze sagen wie CSU-Generalsekretär Thomas Goppel: „Der Springer-Konzern ist im Medienbereich so etwas wie das Grundgesetz der Bundesrepublik.“

Hallo? Geht es auch eine Spur kleiner, möchte man fragen.

Wir zitieren Verlegerwitwe Friede Springer, die Ende April sagte: „Die Axel Springer Verlag AG (hat) durch die Vinkulierung das Recht, die Übertragung der Aktien zu genehmigen oder zu verweigern. (…) Ein feindlicher Investor hätte keinen Aufsichtsrat und damit letztlich nicht die erhofften Einfluss- und Mitsprachemöglichkeiten, sei es verlegerisch oder kaufmännisch.“ Über einen möglichen Einstieg der WAZ-Gruppe sagte Friede Springer: „Da spricht das Kartellrecht dagegen, da spricht die Vinkulierung dagegen (…) Die Verlage passen nicht zusammen.“ Im Februar hatte sie gesagt: „Die Mehrheit am Axel Springer Verlag steht heute und auch in Zukunft unter keinen Umständen zur Verfügung.“ Und am gestrigen Mittwoch sagte der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner: Der Versuch, „durch die feindliche Übernahme einer Minderheit Einfluss auf den Axel Springer Verlag zu gewinnen, das ist so, als wenn man in der Wüste von Namibia Eisbären schießen will“.

Friede Springer und Mathias Döpfner sind ehrenwerte Menschen, warum sollte man sie der Lüge und Sprunghaftigkeit bezichtigen?

Aber warum verbreiten die Springer-Zeitungen mit Hypothesen so eine Hysterie? Oder ist das alles nur Schein, und in Wirklichkeit geht man davon aus, dass die WAZ, wenn sie schon nicht als Käufer des 40-Prozent-Pakets zu verhindern ist, wenigstens weiß, dass sie im Hause Springer nur Juniorpartner ist und mit juristischen Auseinandersetzungen zu rechnen hat?

Während Döpfner am Mittwoch sagte: „An Spekulationen wollen wir uns nicht beteiligen“, spekulierte die „Welt“, es sei bereits ausgemacht, dass die WAZ Günther Grotkamp in den Springer-Aufsichtsrat schicken wolle. Wie das, wenn die WAZ selbst im Fall der feindlichen Übernahme gar keinen Anspruch auf ein Aufsichtsrat hätte, wie Friede Springer sagt?

Die WAZ versuche, die Medienlandschaft radikal zu verändern, ein Linksruck sei zu befürchten. Diesen Eindruck versuchten „Bild“ und „Welt“ im Schulterschluss mit der „FAZ“ zu vermitteln. SPD-unterwandert sei sie sowieso, die Medienlandschaft. Die „FAZ“ glaubt gar, Springer „wäre mit der sozialdemokratisch dominierten WAZ nicht mehr Herr im eigenen Haus, lahm gelegt, an die Kandare genommen“. Die Krake WAZ mit ihrem Ex-SPD-Politiker Bodo Hombach und das „System Schröder“, das „der repräsentativen Demokratie ganz leise ihre Lebenskräfte“ entziehe – eine „unheimliche Medienmacht“ sei das. Springer müsse Springer bleiben, der Verlag gehöre zu den Wenigen, die „unparteiisch und ohne Parteienvorbehalt berichten können“. Die „FAZ“ war nicht zu bremsen, sie ging so weit zu behaupten: Wenn die WAZ bei Springer einstiege, sei das die moderne Variante von „Enteignet Springer“.

Abgesehen davon, dass das mit dem Enteignen so einfach nicht geht, stellen sich Fragen: Hat Springer nie den Eindruck erweckt, auf Seiten der CDU zu stehen? Gab es nie einen Springer- Journalisten, der Parteimitglied war oder aktiv in der Politik arbeitete? Haben sich der Verlag und sein Gründer nie in Politik eingemischt und die eigene Medienmacht dazu genutzt?

„Bild“ berichtete über einen „Familienkrieg“ im „WAZ“-Clan. Der Springer- Clan streitet seit Montag vor Gericht. Die leiblichen Erben des Verlagsgründers, Axel Sven und Ariane Melanie Springer, gegen Verlegerwitwe Friede Springer. Nichts nährt den Eindruck, dass die Enkel ihre Anteile verkaufen. Auch nicht an die WAZ, um ihr zur Mehrheit zu verhelfen. Das stellte die Anwältin der Enkel in diesen Tagen klar. Friede, Axel Sven und Ariane Springer sind die Erbengemeinschaft und die Eigentümer der Gesellschaft für Publizistik, die wiederum die Aktienmehrheit am Verlag hält. Niemand enteignet Springer, wenn die Erben es nicht wollen.

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