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Medien: Inszenierte Benzinwut

Jürgen Trittin sieht sich als Zielscheibe von „Bild“

Seit Tagen sind Sie in „Bild“ wegen der Benzinpreise Thema. Es geht um die Ökosteuer und Ihren Rat, das Auto stehen zu lassen. Bekommen Sie die „BenzinWut“ zu spüren?

Die Leute durchschauen besser, als es „Bild“ wahrhaben will, dass dies eine Kampagne ist, die offenkundig in hohem Maße konstruiert und inszeniert ist.

Wie kommen Sie darauf?

„Bild“ bemüht sich verzweifelt, die Grünen für die hohen Benzinpreise verantwortlich zu machen. Und das, obwohl wir explizit im Wahlprogramm erklären, dass wir angesichts der Höhe der Energiepreise nicht für weitere Steuererhöhungen zur Verfügung stehen. Wollte „Bild“ die tatsächlich Verantwortlichen ins Visier nehmen, müsste sie sich mit Unternehmen anlegen und auch mit jener Partei, die als einzige dafür steht, den Benzinpreis durch weitere Steuererhöhungen zu verteuern: die CDU. Dass das nicht im Interesse von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann ist, liegt auf der Hand. Statt die weitere Verteuerung des Benzins durch die „Merkel- Steuer“ anzugreifen, wird mir der Satz „Lasst das Auto ab und zu stehen“ permanent um die Ohren gehauen.

Den Satz sagten Sie im „Bild“-Interview.

Die Aussage ist korrekt, war aber nur eine von vielen Möglichkeiten, die ich genannt hatte, um Benzin zu sparen. Nach meiner Ansicht ist die „Bild“-Kampagne von langer Hand vorbereitet.

Inwiefern?

Zu Beginn vergangener Woche gab es in einem „Bild“-Kommentar den Versuch, eine Verbindung zu ziehen zwischen der Höhe des Benzinpreises und der Ökosteuer. Tatsache ist, dass die Ökosteuer seit 2003 nie erhöht worden ist und die Benzinpreise dennoch um 30 Cent je Liter gestiegen sind. Dann gab es eine Anfrage für ein Interview. Ich habe zugesagt, obwohl ich mit „Bild“ schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ich erinnere an die falsch beschrifteten und entsprechend geschnittenen Fotos von mir mit dem angeblichen Schlagstock in der Hand und an die Fotomontage, in der ich in eine Reihe mit bin Laden gestellt wurde. Am Sonntag, nach dem Interview und der inszenierten Wutkampagne, gab es dann eine Anfrage, wann ich das Auto denn stehen ließe.

Ist das nicht legitim?

Pech für „Bild“ war, dass ich am Wochenende hauptsächlich mit dem Fahrrad und per Zug unterwegs war. Das passte wohl nicht in die Kampagne, entsprechend unauffällig brachte es „Bild“ am Montag. Als ich dann am Dienstag in Bielefeld aus dem Zug stieg, sprach mich auf dem Bahnhof ein Journalist der Hannover-Redaktion von „Bild“ an und teilte mir mit, er wolle mich heute auf meiner Wahlkampftour begleiten. Das war dann auch so ziemlich der einzige Satz, den er für den Rest des Tages mit mir und meiner Pressesprecherin gewechselt hat.

Mit welcher Absicht vermuten Sie, wollte er Sie begleiten?

Es ging offensichtlich nur darum, die geplante Story zu illustrieren, nach dem Motto: Uns empfiehlt Trittin, das Auto stehen zu lassen, und selber tut er es nicht. Den ganzen Tag über fuhren wir durch NRW – vorneweg wir im Erdgasauto, dahinter das Begleitkommando des Bundeskriminalamts und dahinter der „Bild“-Journalist mit Fotograf in einem schwarzen Mercedes. Im Wesentlichen ging es nur um Fotos, wie ich aus dem Auto aus- oder ins Auto einsteige. Das ging so bis abends um kurz vor zehn vor unserem Hotel.

Jürgen Trittin

von den Bündnis-Grünen ist Bundesumweltminister. Das Gespräch führte Ulrike Simon am Telefon –

während Trittin im Erdgasauto von Essen nach Paderborn fuhr.

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