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Internet: Behalt es für dich!

Ein Blogger-Urteil stellt Kommentare in Frage. Droht ein massiver Eingriff in die Meinungs- und Diskussionsfreiheit?

Ein Urteil beunruhigt die Online-Welt, genauer gesagt, die der sogenannten Blogger, die unzähligen Privatleute und Journalisten, die im Web 2.0 ihre Meinung äußern. Das Landgericht Hamburg hat am Dienstag eine einstweilige Verfügung bestätigt, die die Firma Callactive am 3. September gegen den Berliner Journalisten Stefan Niggemeier erwirkt hat. Darin wird dem Blogger verboten, eine Äußerung zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, die ein anonymer Internetnutzer am 12. August 2007 in einem Kommentar zu einem Beitrag über eine Call-In-Sendung in MTV gemacht hat. Im Kern dreht sich die juristische Auseinandersetzung darum, wie der Betreiber eines Blogs seine Verantwortung für die Webseite erfüllen kann. Laut Niggemeier wurde der fragliche Kommentar in der Nacht zu einem Sonntag um 3 Uhr 37 abgegeben. Dass der Kommentar nicht tragbar war, wird von Niggemeier nicht bestritten. Er habe den Eintrag darum auch sofort gelöscht, als er ihn gesehen hatte, um 11 Uhr 06 am Sonntagmorgen. Nach Ansicht des Hamburger Landgerichts genügte das nicht. Der Blogger müsse die Kommentare vielmehr vor der Veröffentlichung kontrollieren. Nur so könne bei ohnehin kritischen Themen vermieden werden, dass es zu Beleidigungen oder juristisch nicht tragbaren Veröffentlichungen kommt. „Wenn in Blogs künftig Kommentare immer erst erscheinen, nachdem sie jemand freigegeben hat, können echte Diskussionen gar nicht mehr entstehen“, erwidert der Journalist. „Zudem: Wer soll entscheiden, ob ein Thema brisant ist oder nicht?“ Wenn man Blogger verpflichte, Kommentare vorab zu kontrollieren, sei das ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit, sagt Mercedes Bunz, Blog-Expertin und Chefredakteurin von Tagesspiegel online.

Da Niggemeier sehr schnell reagiert hat, hatte das Gericht einen Vergleich vorgeschlagen. Davon wollte der Journalist nichts wissen. Wegen der weitreichenden Konsequenzen der Entscheidung für den Meinungsaustausch im Internet überlegt Niggemeier nun, beim Oberlandesgericht Hamburg in Berufung zu gehen. meh/sag

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