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Internet: Wer gruschelt noch mit?

Das Online-Duell des Jahres: Facebook launcht in Deutschland. Marktführer in Deutschland ist bisher StudiVZ. Wie die großen sozialen Netzwerke auf starke Konkurrenz reagieren wollen.

Die wichtigste Währung in den Netzwerken des Internets heißt Freundschaft. Je größer mein Freundeskreis, desto besser darf ich mich fühlen, lautet eine der ungeschriebenen Regeln des Web 2.0. Und was im Kleinen gilt, hat auch im Großen seine Berechtigung – für die Betreiber der Netzwerke. Darum dürfte sich das größte amerikanische Netzwerk Facebook in der vergangenen Woche besonders gefreut haben, als der israelische Staatspräsident Shimon Peres der Onlineplattform die Hand reichte. Facebook sei hervorragend geeignet, der Verbreitung von Hass und Anstiftung zu Verbrechen gegen Juden entgegenzutreten, erklärte Peres in Jerusalem. Peres gilt in Israel seit langem als treibende Kraft hinter vielen Hightech-Vorhaben. Den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hatte er Ende Januar allerdings in der realen Welt getroffen, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

Freundschaften und neue Partnerschaften sind auch für StudiVZ und SchülerVZ das zentrale Thema. Die beiden Portale waren 2007 für einen zweistelligen Millionenbetrag von der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck, zu der der Tagesspiegel gehört, gekauft worden. Die Zahl der Freunde könnte bald darüber entscheiden, wie sich der Konkurrenzkampf der sozialen Netzwerke entwickelt. Weltweit bringt es Facebook auf rund 60 Millionen Nutzer, in Deutschland sind es nur 600 000, die sich gegen die über fünf Millionen StudiVZ-Mitglieder sowie die rund 2,8 Millionen Nutzer von SchülerVZ bescheiden ausnehmen. „Knapp jeder Zweite von ihnen loggt sich täglich bei StudiVZ oder SchülerVZ ein und nutzt aktiv unser Angebot“, sagt StudiVZ-Chef Marcus Riecke. Das wirkt sich auch in den für die Werbewirtschaft wichtigen IVW-Erhebungen aus. Dort wird StudiVZ im Januar mit 6,3 Milliarden Seitenaufrufen erneut an erster Stelle genannt, gefolgt von SchülerVZ mit 5,9 Milliarden Page Impressions.

Dieser Erfolg schafft Begehrlichkeiten, nicht zuletzt bei Facebook, das früher als erwartet in Deutschland starten will. „Spätestens Ende März“ soll es losgehen, sagte Facebook-Vize Matt Cohler dem „Handelsblatt“. Zu den neuen Freunden von Facebook gehören in Deutschland auch die drei Samwer-Brüder. Die Internetinvestoren Oliver, Marc und Alexander Samwer, die den Klingeltonproduzenten Jamba gegründet hatten, sind „mit einem kleineren Anteil“ bei Facebook eingestiegen. Die Samwers sollen in Deutschland und Europa für Facebook Partner vermitteln. Diese Partnerschaften können alte und neue Medien durchaus verbinden. Gerade erst ist die Wirtschaftszeitung „Wall Street Journal“ eine Verbindung mit Facebook eingegangen. Mittels einer neuen Funktion können Facebook-Nutzer Freunden ihre Lesegewohnheiten mitteilen. Allerdings nur dann, wenn die Nutzer dem zuvor zugestimmt haben. Ob Facebook sich damit in Deutschland Freunde machen kann, ist zumindest fraglich. Überhaupt muss sich das Netzwerk erst einmal auf die besonderen Gegebenheiten in Deutschland einstellen. In den USA spielt das Thema Datenschutz bei weitem nicht die Rolle wie in Deutschland. Hierzulande wächst die Besorgnis nicht nur der professionellen Datenschützer über einen zu laxen Umgang der Nutzer mit den eigenen Daten.

Facebook in Deutschland, neben StudiVZ; schon sprechen Medien bei den sozialen Netzwerken vom „Duell des Jahres“. Das deutsche Studentenportal will laut CEO Riecke weiter auf Spaß, auf private Kommunikation und Kontaktaufnahme – das sogenannte Gruscheln – setzen, weniger auf Karrierenetzwerke und Personalberater. Riecke kündigt ein neues Portal oberhalb von StudiVZ an (siehe Interview). „Wir haben einen Startvorteil, weil wir ein so großes Netzwerk sind. Der Wert eines social network besteht ja eben darin, das meine Freunde schon drauf sind.“ Außerdem sei der iPod nicht deswegen so erfolgreich, weil er viele Knöpfe oder Features habe, sondern weil er spielerisch einfach und intuitiv zu bedienen sei. Das sei eines der Erfolgsgeheimnisse von StudiVZ: „einfache und intuitive Benutzung“. Was die Wertschätzung des Politikers Peres für den Konkurrenten Facebook betrifft – StudiVZ, so Riecke, plane „noch in diesem Monat eine ganze Reihe von wohltätigen Organisationen kostenfrei zu bewerben“.

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