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Interview: „Das ist Demokratie pur“

Vor der Hamburg-Wahl: Christian Sievers über seine neue Aufgabe als „Zahlenmann“ des ZDF

Herr Sievers, Sie sagen, Ihr neuer Job als „Zahlen-Mann“ der ZDF-Wahlsendung sei ein „Job, bei dem es kribbelt.“ Sind Zahlen sexy?

Wenn sie darüber entscheiden, wer mit wem ein Land regiert, sind Zahlen mehr als sexy. Mein Gemeinschaftskundelehrer in der Schule hat immer gesagt: „Wenn die Stimmen gezählt werden, jede einzelne von jedem einzelnen Wähler – das ist Demokratie pur.“ Daran werde ich heute Abend denken.

Warum übernehmen gerade Sie den Job von Kollege Steffen Seibert? Können Sie gut mit Zahlen?

Sagen wir es so: Auf mein Mathewissen aus der Schulzeit verlassen wir uns bei der Sendung nicht. Die Wahlforscher haben unglaubliche Datenmengen zu bearbeiten und ihre Hochleistungsrechner dafür – und ich gebe zu, da fiel mir ein Stein vom Herzen. Aber es kommt wohl auch weniger auf nackte Zahlenkolonnen an. Wichtiger ist klarzumachen, warum die Zahlen so sind wie sie sind, und was nun aus ihnen folgt.

Das gelingt nicht immer fehlerfrei, und gerade wenn es um geringe Abstände geht, haben kleine Patzer große Auswirkungen. Haben Sie sich bei Steffen Seibert Tipps geholt, wie man unverhaspelt durch die Sendung kommt?

Ja, ich habe mit Steffen Seibert bei der letzten Wahl länger gesprochen und drei Dinge mitgenommen: Immer perfekt vorbereitet sein. Ruhig bleiben. Und das Ganze auch ein bisschen als Abenteuer sehen. Zum Beispiel, wenn gerade Daten aus zwei Bundesländern gleichzeitig reinkommen, die Computergrafik noch nicht ganz fertig ist, der Regisseur via Ohrhörer vor dem herumsausenden Kamerakran warnt und dann von hinten jemand ruft: „Neue Hochrechnung!“

Das war nicht immer ihre Vorstellung von Abenteuer, oder? Sie waren für das ZDF als Reporter unterwegs – nach den Anschlägen vom 11. September in New York, nach dem Tsunami in Südostasien. Jetzt sollen Sie hinter einem Pult stehen und Zahlen vorlesen. Wird das nicht langweilig?

An einem Wahlabend, an dem alles Spitz auf Knopf steht, kann ich mir tatsächlich kaum einen spannenderen Ort vorstellen als dieses Pult. Außerdem lernt man nebenbei die schönsten Landeshauptstädte dieser Republik kennen.

Sie jonglieren über eine lange Distanz mit vagen Vorhersagen. Besonders seit der Bundestagswahl 2005 stehen die Demoskopen schwer in der Kritik, weil damals kaum eine ihrer Prognosen eintraf. Wie sehr vertrauen Sie den Vorabzahlen?

Die Arbeit der Forschungsgruppe Wahlen (die das ZDF mit Prognosen versorgt) hat sich seit Jahren als unglaublich präzise erwiesen. Nehmen Sie die Doppelwahl im Januar: Wenn man bedenkt, dass es um die punktgenaue Vorhersage eines Ergebnisses geht, das noch keiner kennt, konnte man fast meinen, die Kollegen können hellsehen. Trotzdem gilt: Prognose ist Prognose. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Fragen stellte Tim Klimeš.

Christian Sievers, 38, wird heute erstmals mit Bettina Schausten die Wahlen im ZDF

präsentieren. Dem Morgenmagazin des ZDF bleibt er als

Moderator weiterhin treu.

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