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Interview: „Es gibt einen Jauch-Faktor“

Ex-NDR-Moderator Steffen Hallaschka über „Stern TV“, Spagate, Ersatzmänner und die Frage, wie sehr es bei RTL menscheln muss.

Herr Hallaschka, Sie sind offenbar ein guter Turner.

Haben Sie etwa meine Schulnoten gesehen? Der größte Triumph meiner sportlichen Karriere ist tatsächlich, damals von allen Jungs aus meiner Schulklasse die beste Note im Bodenturnen bekommen zu haben: eine „Zwei minus“. Zum ersten und einzigen Mal im meinem Leben ist mir eine Rolle rückwärts in den Handstand gelungen.

Spagat können Sie auch, und zwar den zwischen ernst und locker, meint Ihr neuer Arbeitgeber RTL, der Sie zum Nachfolger von Günther Jauch bei „Stern TV“ gemacht hat. Setzen Sie auf eine „Eins plus“?

In dieser Disziplin gibt es keine Schulnoten. Aber mich reizt es, als Moderator die ganze Themenpalette auszuschöpfen, und dazu gehört auch, ernste Gespräche zu führen und im nächsten Moment zu einer unterhaltsamen Aktion überzuleiten. Ich empfinde das aber nicht als anstrengende Übung.

Wie sehr aber müssen Sie sich verbiegen, wenn Sie jetzt vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen ins Private wechseln?

Gar nicht, glaube ich. Die Systeme werden ohnehin durchlässiger, und speziell „Stern TV“ ist eine Sendung, die in meinen Augen so oder ähnlich auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen laufen könnte. Die ist journalistisch gemacht, hat einen Anspruch an Themen und den Umgang mit Menschen, den ich absolut unkritisierbar finde. Insofern glaube ich nicht, dass ich mich verbiegen muss.

Zuletzt haben Sie als Moderator von „Markt“ im NDR beispielsweise erklärt, wie gefährlich Streichhölzer sind, welche Löschgeräte sich für Wohnungen eignen und was Smartphones so alles können, alles sehr technisch. Bei „Stern TV“ aber muss es menscheln. Können Sie das?

Ja, ich hab immer, auch bei „Markt“, mit Menschen zu tun gehabt, und wenn ich mich an die Zeit hier in Berlin bei Radio Eins und Radio Fritz erinnere, wo ich drei Stunden in der Nacht getalkt habe, da ging es um alle möglichen menschlichen Befindlichkeiten.

Die ARD hat offenbar nicht erkannt, dass Sie für die erste Reihe taugen. Abgesehen von der Vorabendsendung „Ratgeber: Technik“ durften Sie immer nur den Ersatzmann geben, beispielsweise, wenn in der „NDR Talkshow“ ein Moderator ausfiel.

Wenn Sie die erste Reihe nach Primetime und Millionenpublikum definieren, war da sicher wenig dabei. Aber das ist für mich auch nicht die alleinige Kategorie für Zufriedenheit oder Erfolg.

Was ist dann die richtige Kategorie?

Sachen zu machen, die mit einem selbst identisch sind, Sendungen zu präsentieren, die es wert sind, gesehen zu werden, eine befriedigende Arbeit zu erfahren. Ich habe in den letzten Jahren keine einzige Sendung gemacht, wo ich schon auf die Zähne beißen musste, bevor das Rotlicht anging. Ich würde es deshalb als arrogant empfinden, jetzt rückblickend zu sagen, ich wäre zu Höherem, Besserem, Schnelleren, Weiterem berufen gewesen.

Wie groß ist Ihre Sorge, dass viele Zuschauer nur wegen Günther Jauch „Stern TV“ eingeschaltet haben?

Es gibt sicher einen Jauch-Faktor, den kann aber niemand benennen, weil es noch keinen anderen „Stern TV“-Moderator als Jauch gab und die Sendung dadurch mit ihm eng verbunden ist. Ich rechne auch damit, dass es Zuschauer geben wird, die enttäuscht und irritiert sind, dass sie Deutschlands beliebtesten Moderator nicht mehr mittwochs abends sehen. Aber neben dem Moderator ist auch das Format ganz klar der Star, denn „Stern TV“ ist in seiner Rezeptur so wahnsinnig stark und populär. Wenn man die Sendung ordentlich präsentiert, hat sie eine Zukunft.

Günther Jauch, der mit seiner Firma i & u weiterhin „Stern TV“ produziert, erwartet, dass Sie eigene Akzente setzen.

Das passiert zwangsläufig, wenn man als Moderator mit einem eigenen Profil und eigenen Erfahrungen antritt. Im Unterschied zu Günther Jauch gehöre ich zu einer Generation, die zum Beispiel mit den neuen Technologien und Medien ganz selbstverständlich aufgewachsen ist. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass diese Themen stärker als bisher bei „Stern TV“ Einfluss finden und wir beispielsweise über Gefahren in sozialen Netzwerken berichten. Die Sendung soll sich aber erst mal nicht verändern, sondern bleiben, was sie ist: von Woche zu Woche eine neue Wundertüte.

Das Gespräch führte Sonja Pohlmann.

„Stern TV“, 22 Uhr 15, RTL

Steffen Hallaschka, geboren 1971 in Kassel, hat seine journalistische Karriere im Radio begonnen als Moderator des Jugendmagazins „Radio unfrisiert“ beim Hessischen Rundfunk, später arbeitete er in Berlin bei Radio Fritz und Radio Eins. Seine TV-Karriere startete er 1996 als Moderator der Jugendsendung „100 Grad“. Für seinen WDR-„Kanzlerbungalow“ wurde Hallaschka 2004 für den Grimme-Preis nominiert. Zuletzt präsentierte er das NDR-Verbrauchermagazin „Markt“ und den „ARD-Ratgeber: Technik“ im Ersten. sop

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