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Nur mit Schutzweste geht Ana Lilia Pérez in ihrer Heimat auf die Straße. Foto: dpa

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Investigativreporterin Ana Lilia Pérez: Geld oder Kugel: Der gefährliche Alltag einer Journalistin in Mexiko

Ana Lilia Pérez muss jeden Tag damit rechnen, zu sterben - weil sie ihren Job macht. Vom Alltag einer Journalistin in Mexiko.

Wenn Ana Lilia Pérez auf die Straße geht, trägt sie eine kugelsichere Weste, Bodyguards begleiten sie, und trotzdem muss sie immer damit rechnen, zu sterben – weil sie ihre Arbeit macht. Pérez, 36, ist Journalistin. In ihrer Heimat Mexiko ein Beruf, der tödliche Folgen haben kann. Insbesondere, wenn die Reporter über die Mafia, Korruption in Politik und Wirtschaft recherchieren, wie Pérez es macht.

Mehrfach ist ihr mit Mord gedroht worden. Als sie Ende 2011 das Buch „El Cártel Negro“ (Das Schwarze Kartell) über die Verstrickungen zwischen den Regierungen, dem Staatsunternehmen Petroleos Mexicanos und der Drogenmafia veröffentlichte, wurde es dann so gefährlich, dass sie flüchten musste. Jetzt lebt Pérez in Hamburg, ihre Schutzweste hat sie abgelegt. „Ich habe das Gefühl, als ob ich endlich wieder frei atmen kann“, sagt sie am Freitag in Berlin, wo sie auf Einladung des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) von ihrer Arbeit berichtet. „Wenn man als Journalist einmal über die Mafia berichtet hat, dann gibt es kein Zurück mehr. Man ist dann immer in ihrem Visier. Ich blicke deshalb nie zurück, sondern nur nach vorne und mache immer weiter“, erzählt Pérez, die mit einem Stipendium der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte nach Deutschland gekommen ist. „Plata o Plomo“, Silber oder Blei, heiße es in Mexiko, erklärt Pérez: „Entweder Du lässt Dich als Journalist bestechen, oder es fliegen Kugeln.“

Mehr als 70 Journalisten seien in den vergangenen zehn Jahren getötet worden, 20 würden als vermisst gelten. Darunter auch Freunde und Kollegen von ihr. Aufhören, als Journalistin zu arbeiten, will Pérez trotzdem nicht. „Die Menschen in meinem Land müssen erfahren, was passiert. Das darf nicht verschwiegen werden“, sagt sie. Für die Arbeit eines Journalisten sei es fatal, wenn er immer nachdenken müsse, was er schreiben dürfe und was nicht: „Dann fängt die Selbstzensur im Kopf an. Genau das will die Mafia erreichen. Aber das darf nicht passieren.“

Tut es aber. Einige Zeitungen, Zeitschriften und Sender in Mexiko haben bereits öffentlich erklärt, nicht mehr über Mafia und Korruption zu berichten, um ihre Mitarbeiter nicht weiter zu gefährden. Auch das ist ein Grund, warum sich Pérez, mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, jetzt vor allem aufs Schreiben von Büchern konzentrieren will. „Ich kann nicht aufhören, als Journalistin zu arbeiten. Der Beruf gehört zu mir wie meine Haut, die kann ich doch auch nicht einfach abziehen“, sagt sie.

Das Stipendium der Hamburger Stiftung läuft Ende Juni aus, mit dem „Writers in Exile“-Stipendium des PEN-Zentrums kann Pérez aber vorerst hierbleiben. Aber irgendwann will sie zurück nach Mexiko und dort weiterarbeiten. Ohne Schutzweste und Bodyguards. Das ist ihr Traum. Sonja Álvarez

Sonja Álvarez

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