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Unter Dauerbeobachtung: Die ARD-Talker Frank Plasberg (v.l.n.r.), Sandra Maischberger, Günther Jauch, Anne Will und Reinhold Beckmann. Foto: ARD

© ARD/Marco Grob

Jauch, Plasberg & Co: ARD will eine Talkrunde streichen

Auch in der ARD-Führung reift die Einsicht: Vier Talks im Ersten sind genug. ARD-Programmchef Volker Herres empfiehlt eine Sendung zu streichen. Welche das ist, soll nun eine Evaluation klären.

Ab Januar hat die ARD einen neuen Vorsitzenden. NDR-Intendant Lutz Marmor löst turnusgemäß WDR-Intendantin Monika Piel ab. Gleich zu einer seiner ersten Amtshandlungen könnte es gehören, einen harten Schnitt im Programmgefüge zu verkünden: das Aus für einen der fünf ARD-Talks. Treffen könnte es gar eine der drei von seinem Sender verantworteten Runden, zu denen „Günther Jauch“, „Anne Will“ und „Beckmann“ gehören.

Seit die ARD-Intendanten beschlossen haben, mit „Günther Jauch“ von September 2011 an einen fünften Talk im Ersten zu senden, wird über die Richtigkeit dieser Entscheidung diskutiert. Sind fünf vielleicht doch einer zu viel? Bereits im Juni hatte der ARD-Programmbeirat empfohlen, wegen der unvermeidlichen Themenüberschneidungen und Gästedoppelungen das Talkangebot zu reduzieren. An Kritik sparten auch die Rundfunkräte unter anderem von MDR, NDR, WDR nicht. Jetzt hat ARD-Programmchef Volker Herres den Intendanten nach Angaben des „Spiegel“ in einem internen Papier empfohlen, eine der Runden zu streichen. Die Frage ist nun, welche Sendung weichen muss: Ob „Günther Jauch“ am Sonntag, „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg am Montag, Sandra Maischberger mit „Menschen bei Maischberger“ am Dienstag, „Anne Will“ am Mittwoch oder Reinhold Beckmann mit seiner Donnerstagsrunde.

Im Rahmen einer Evaluation will die ARD herausfinden, welche der Runden am ehesten verzichtbar ist. Der Zuspruch des Zuschauers, sprich die Quote, soll dabei nur ein Aspekt von mehreren sein. Genauso wichtig sind Faktoren wie die Qualität der Talks und deren gesellschaftliche Relevanz. Zudem müsse das Gesamtkonzept der Talkshows im Ersten betrachtet werden, die Mischung aus politischen und gesellschaftlichen Themen. Dass sich die Talks überhaupt dieser Überprüfung unterziehen müssen, macht den Ernst der Lage deutlich. „Das ist keine Regelevaluierung“, sagte ARD-Sprecher Lars Jacob am Montag.

Das einzig wirklich messbare Kriterium dürfte allerdings die Quote sein. Hier liegt „Günther Jauch“ (siehe Grafik) im Zeitraum von Januar bis Ende September mit durchschnittlich 4,44 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 15,3 Prozent vorne, vor „Hart aber fair“ und „Menschen bei „Maischberger“. „Anne Will“ liegt auf dem vierten Platz, das Schlusslicht bildet „Beckmann“. Nun sind diese Quoten aber unbedingt in ihrem jeweiligen Programmumfeld zu betrachten. Jauch hat mit dem „Tatort“ einen starken Vorlauf, die vormalige Sonntagstalkerin Will auf ihrem Mittwochsplatz starke Konkurrenz durch „Stern TV“ auf RTL, die Spiele der Fußball-Champions-League oder „Markus Lanz“ im ZDF. Beckmann sendet gegen den ZDF-Talk „Maybrit Illner“.

Reinhold Beckmann hat die schwächste Quote

Unter Dauerbeobachtung: Die ARD-Talker Frank Plasberg (v.l.n.r.), Sandra Maischberger, Günther Jauch, Anne Will und Reinhold Beckmann. Foto: ARD
Unter Dauerbeobachtung: Die ARD-Talker Frank Plasberg (v.l.n.r.), Sandra Maischberger, Günther Jauch, Anne Will und Reinhold Beckmann. Foto: ARD

© ARD/Marco Grob

Die Kriterien Relevanz und Qualität sind dagegen schwerer zu messen. Alleine schon deshalb, weil die Talks unterschiedliche Ziele haben. Jauch, Plasberg und Will gelten eher als Polittalks, Maischberger widmet sich oft gesellschaftlich relevanten Themen wie an diesem Dienstagabend der Frage „Wer älter wird, hat mehr vom Leben?“ (23 Uhr 30), Beckmann ist der Unterhaltungssparte zugeordnet und unterscheidet sich damit in seinem Profil wiederum deutlich von den vier anderen Talks. Zum genauen Zeitplan und Ablauf der Evaluation will sich das Erste nicht weiter äußern. „Es bleibt bei der Planung, die Talks frühzeitig zu evaluieren, erst dann können die Intendanten entscheiden“, teilt ARD-Sprecher Jacob mit.

Allerdings laufen einige der Verträge mit den Talkern Ende 2013 aus, unter anderem der von Anne Will. Damit die Moderatoren und ihre Teams planen können, müssen die Intendanten also wohl spätestens im Frühjahr entscheiden, wer gehen muss.

Sorgen macht sich – zumindest öffentlich – bisher keiner der fünf Talker. Jauch will sich zwar nicht äußern, doch gilt er wohl als gesetzt. Auch, wenn er zuletzt in der Kritik stand und wegen seiner Sendung mit Jörg Kachelmann und dessen Frau Miriam gar von ARD-Chefredakteur Thomas Baumann verteidigt werden musste. Montagstalker Frank Plasberg bewies zumindest am gestrigen Montagabend Relevanz mit seiner Sendung zum Thema Nebeneinkünfte.  „Ich bin weder alarmiert noch beunruhigt, ich fühle mich durch die Wertschätzung der Zuschauer und der ARD gut aufgehoben, wo ich bin“, sagte Plasberg. Gleichwohl macht er keinen Hehl daraus, dass er mit dem Montag seine Probleme hat. „Der Sendeplatz ist bekanntermaßen schwierig, viele Zuschauer wollen an diesem Tag noch nichts von den Fährnissen der Woche wissen. Umso zufriedener bin ich, dass wir trotz der Konkurrenz durch Unterhaltungsformate am Montag ein Stammpublikum von über drei Millionen Zuschauern erreichen, das ist immerhin ein Marktanteil von fast zehn Prozent.“

Sandra Maischberger wollte den neuen Vorschlag aus der Programmdirektion nicht kommentieren. Kurz vor ihrer Sendung mit Altkanzler Helmut Schmidt hatte sich die ARD-Talkerin jedoch selbstbewusst zu den Gewinnern dieser Programmleiste gezählt. „Das letzte Halbjahr war für uns jedenfalls das erfolgreichste überhaupt“, sagte sie dem Tagesspiegel Anfang August. Am Sendekonzept von „Menschen bei Maischberger“ solle festgehalten werden, obwohl „auch wir festgestellt haben, dass unser Themenkorridor im gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bereich, den wir bewusst außerhalb des Bundestags- und Bundesratskalenders gesetzt haben, auch für andere Moderatoren attraktiv, weil erfolgreich, ist.“

Auch Anne Will sieht dem möglichen Aus für einen der fünf ARD-Talks gelassen entgegen: „Entschieden ist ja noch nichts. Aber sollten Quote, Qualität und Relevanz die kriegsentscheidenden Kriterien sein, mache ich mir keine Sorgen.“ Reinhold Beckmann wollte sich zunächst nicht äußern. Auch wenn er die schwächste Quote aller fünf ARD-Talkshows hat, könnte ihn retten, dass er sich mit seinen Themen deutlich von den anderen absetzt.

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