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Medien: Jetzt mit Datenanzug

Die Saison beginnt und RTL will, dass die Zuschauer das Skispringen endlich verstehen

Einen Seitenhieb auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen konnte sich RTL-Informationsdirektor Hans Mahr unlängst nicht verkneifen. Auf der Pressekonferenz seines Senders zur neuen Skisprungsaison war die Frage aufgetaucht, wie lange RTL diese Sportart übertragen wolle. 2007 läuft der Vertrag des Senders mit dem Deutschen Skiverband aus. Hans Mahr sagt: „Die ARD nimmt’s dann immer noch.“ Viele lachten, denn es klang wie: Für die Resteverwertung sind die Öffentlich- Rechtlichen zuständig.

Gegenwärtig jedoch ist das Skispringen so wichtig wie nie zuvor für Hans Mahr und seinen Fernsehsender. Der Österreicher bemühte sich daher schnell, seinen Scherz zurückzunehmen. „We are here to stay“, sagte Mahr. Wir sind hier, um zu bleiben. 70 Millionen Euro zahlt der Sender dem Deutschen Skiverband dafür, dass er fünf Jahre lang die deutschen Weltcup-Veranstaltungen übertragen darf. RTL kaufte sich auch vom Österreichischen Skiverband die Rechte an den dortigen Weltcupspringen, vom internationalen Skiverband sicherte er sich die Skiflug- Weltmeisterschaften. Abgesehen von den Olympischen Spielen überträgt RTL nun bis 2008 die wichtigsten Ereignisse im Skispringen. Was übrig bleibt, wird von ARD und ZDF übertragen.

„Skispringen ist enorm wichtig für uns“, sagt RTL-Sportchef Manfred Loppe. Neben der Formel 1 ist es die letzte verbliebene Sportart im Programm des Privatsenders, der die Champions League im Fußball im Sommer an Sat 1 abtreten musste. Heute sendet RTL erstmals in dieser Saison live vom Weltcupspringen aus Titisee-Neustadt. Senderchef Manfred Loppe sagt: „Wir werden uns ins Zeug legen.“

So betreibt der Sender einen immer größeren Aufwand. Bis zu 300 Mitarbeiter und 30 Kameras werden in dieser Saison pro Springen im Einsatz sein. Hinzu kommen noch einige technische Neuerungen. Eine Hochgeschwindigkeitskamera verfolgt die Springer neben der Anlaufspur vom Balken bis zum Absprung. Dadurch soll die Geschwindigkeit der Springer für den Zuschauer anschaulicher werden. Ebenfalls neu sind ein Daten- Anzug und ein Daten-Handschuh. „Damit lässt sich ein Sprung, der real passiert, in die Virtualität übertragen“, sagt Loppe. Es ist ein weiterer Versuch des Senders, die komplizierte Sportart für die Zuschauer verständlicher zu machen. Längst bewährt hat sich das Moderations-Duo Günther Jauch und Skisprung-Experte Dieter Thoma, das sich schon mal mit einer Schneeballschlacht durch eine Pause albert, wenn das Wetter mal wieder nicht mitspielt.

Der Erfolg des Skispringens bei RTL erklärt sich allerdings nur zum Teil aus der Inszenierung, die der Sender schafft. Der wichtigste Faktor ist immer noch der sportliche Erfolg der deutschen Stars. Als Sven Hannawald am 6. Januar 2002 bei der Vierschanzentournee einen historischen Rekord aufstellte und alle vier Springen gewann, saßen 13,39 Millionen Zuschauer vor dem Fernseher. Eine solche Dimension erreichen im Sport normalerweise nur noch Fußball-Länderspiele. Hans Mahr sorgt sich bereits um die Zeit nach Sven Hannawald und Martin Schmitt. Den neuen deutschen Bundestrainer Wolfgang Steiert fragte er neulich: „Es gibt so viele junge Talente, wann kommen die?“

Noch etwas bereitet dem Senderchef Schwierigkeiten: der Termin des vierten Springens bei der Vierschanzentournee. Der 6. Januar ist nur in einigen deutschen Bundesländern und in Österreich ein Feiertag, in anderen Bundesländern muss die Bevölkerung arbeiten und kann nicht vor dem Fernseher sitzen. Mahr würde gerne die Tradition brechen und das letzte Springen der Vierschanzentournee auf ein Wochenende verlegen. „Das bleibt unser Ziel“, sagt der RTL-Informationsdirektor. Bei den Sportverbänden konnte er sich mit diesem Anliegen noch nicht durchsetzen.

Von Sven Hannawald wünscht sich Hans Mahr, dass der deutsche Star künftig auch bei den Qualifikationsspringen der Vierschanzentournee mitspringt. In den letzten zwei Jahren warteten die Zuschauer vor dem Fernseher oft vergeblich auf ihren Liebling. Doch Hannawald spielt den Ball geschickt zurück. Der 28-Jährige sagt: „Ich springe im nächsten Jahr alle vier Qualifikationen – wenn RTL seinen Vertrag bis 2012 verlängert.“

„Skispringen: Weltcup“: 13 Uhr 15, RTL

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