Jimmy Wales: Wikipedia-Gründer fordert neues Journalismusmodell

Das sagte er beim Jahrestreffen der Wikipedia-Autoren „Wikimania“ am Freitag in Hongkong.

„Heutzutage haben Journalisten eine beispiellose Chance, die Fehler von Regierungen und Organisationen aufzudecken.“ Dank modernster Computertechnologien ließen sich Vergehen besser nachweisen. Der Ex-Geheimdienstler Edward Snowden habe mit seinen Enthüllungen über die Internetspionage der USA viel geleistet. „Er ist großartig. Er hat etwas Bemerkenswertes und sehr Wichtiges getan“, lobte Wales.

Aber anstatt über Computersicherheit und Verschlüsselungstechniken zu berichten, würden sich klassische Medien zu stark auf die Schicksale von einzelnen Personen konzentrieren. Berichte stellten ausführlich Snowdens einsame Freundin auf Hawaii dar. Aber sie konzentrierten sich zu wenig auf die entscheidenden Themen, sagte Wales.

Diese Ansicht ist allerdings eher einseitig. Internationale Qualitätsmedien wie der „Guardian“, die „New York Times“, aber auch viele deutschsprachige Medien haben in den vergangenen Wochen immer wieder den Fokus auf Verschlüsselungstechniken und Sicherheit gelegt.

Dennoch ist Wales der Ansicht, dass Wikipedia in der Hinsicht eine viel bessere Arbeit gemacht habe als viele klassische Medien. „Wenn das eine Gruppe von Freiwilligen schafft, dann muss es auch einen Weg für die Presse geben“, sagte Wales. Er deutete ein neues Modell von Journalismus an, in dem die „Gemeinschaft dem Journalisten gleichgestellt ist“. Für eine konkrete Ankündigung sei es aber noch zu früh.

Wikipedia werde seine Anstrengungen verstärken, die Sicherheit der Internetseite zu verbessern. Ihm selbst sei durch Edwards Snowdens Enthüllungen noch klarer geworden, wie wichtig Verschlüsselung im Internet ist. „Die NSA hat Fähigkeiten entwickelt, die viel weiter gehen, als ich jemals gedacht hätte“, sagte Wales in Hongkong. sal/dpa