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Medien: „Johannes, du bist der Langweiligste“

„Beckmann“ bewies, dass Talkmaster nicht die besten Talkgäste sind

Von Barbara Nolte

Um es vorweg zu nehmen: Die Sendung zog sich. Sie hörte einfach nicht auf.

Also, am Montagabend saßen im Ersten zusammen: Johannes B. Kerner, Jörg Pilawa, Kai Pflaume, Oliver Geissen und Reinhold Beckmann. Ein Moderatoren-Gipfel, denn die Männer, diese Männer haben zurzeit den emotionalen Talk in Deutschland in der Hand wie die Frauen den politischen Talk in der Hand haben.

„Wir gelten ja alle als so nett“, so eröffnete Beckmann die Selbstbespiegelungsrunde; er selbst sprach sogar von einem Schwiegersohn-Gipfel: „Wie fühlen wir uns in der Schublade ,nett’?“ – „Wenn man in die Tiefe geht“, antwortete ihm Kai Pflaume, „wird man merken, dass wir vielschichtiger sind und nicht nur nett.“

Man hatte es sich schon gedacht, dass die fünf einen Hang zu Allgemeinplätzen haben. Und den haben sie. Ja, der Daily Talk war eine gute Schule für Einsätze am Abend (Pilawa). Nein, er sei nicht zu liebedienerisch zu den Mächtigen (Kerner). Ja, oft sei es interessanter mit Nicht-Prominenten als mit Prominenten zu arbeiten (Pflaume). Keine Sticheleien, nie. Wohlwollende, frotzelnde Kollegen. Nur: Jede Antwort schien kalkuliert. Die fünf wirken professionell durch und durch. Geissen, Kerner, Pilawa, Beckmann und Pflaume spielten ihre Geissen-, Kerner-, Pilawarolle. Für eine Talkshow, die von Überraschungen lebt, kann es kaum schlechter laufen.

Zum Glück war Friedrich Nowottny zugeschaltet. Nowottny kommt aus einer Zeit, in der Männer noch den politischen Talk in der Hand hatten: Lange Jahre moderierte er den „Bericht aus Bonn“. Nowottny war sehr ironisch, er machte sich ein wenig lustig über die braun gebrannten Gecken im „Beckmann“-Studio. „Jede dritte junge Frau möchte mit Oliver Geissen in die Sauna gehen“, las er vor und schmunzelte. Die Zahl stammt aus einer Forsa-Umfrage. Humor, Sexappeal und Glaubwürdigkeit der fünf Moderatoren wurden abgefragt. Kai Pflaume ist der Favorit der Frauen für ein Candle-Light- Dinner, Kerner bevorzugter Sitznachbar für das EM-Endspiel. Mit Reinhold Beckmann wollen nur ein Prozent der jungen Frauen in die Sauna, nur drei Prozent hätten ihn gerne zum Schwiegersohn. Armer Beckmann, er lag so oft hinten. Aber zum Glück war er der Moderator und konnte in die Offensive gehen: „Johannes, du bist der Glaubwürdigste, aber auch der Langweiligste.“ Kerner findet das nicht schlimm. Sagt er.

Eines ist Beckmann gelungen: Mit dem Gipfel hat er Niklas Luhmanns Systemtheorie auf die Spitze getrieben. Die Medien, sagte der, schauten wie alle anderen Teilsysteme der Gesellschaft nicht mehr in die Welt hinaus, sondern nur noch auf sich selbst. Bei „Beckmann“ befragten sich jetzt Moderatoren einander. Zumindest theoretisch war die Sendung also interessant.

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