zum Hauptinhalt

Jüdisches für alle Welt: Sendungsbewusst

Der neue Sender „Jewish News One“ will ein Gegengewicht zur arabischen Fernsehstation Al Dschasira sein.

„Celebrating Sukkot in Israel“ war eines der Stücke, das am vergangenen Freitag im Programm von „Jewish News One“ lief. Sukkot, auch Laubhüttenfest genannt, ist eines der drei jüdischen Wallfahrtsfeste. Eine junge Moderatorin lief durch die Straßen von Tel Aviv, das Mikrofon mit dem gelben Logo von „Jewish News One“ stets griffbereit. Passanten erzählten, wie sie das Fest feiern und welche Utensilien dabei besonders wichtig sind. Etwa der Etrog, eine Zitrusfruchtart, oder der Lulav, ein Dattelpalmzweig. Sukkot vor Ort erklärt. In vier Minuten und zwei Sekunden. Jordana Miller, die Moderatorin, hat früher für die CNN-Studio New York gearbeitet, seit kurzem ist sie bei „Jewish News One“, kurz JN1.

JN1 ist der weltweit erste jüdische Fernsehsender. Bislang kann das Programm nur über den Astra-Satelliten 1G in Osteuropa und im Kaukasus empfangen werden. Einzelne Beiträge sind auch auf der Facebook-Seite von JN1 verlinkt. „Ende Oktober wollen wir in ganz Europa und den USA zu sehen sein“, sagt Peter Dickinson. Der Brite ist einer der Gründer von JN1. Seit zehn Jahren ist er in den ukrainischen Medien aktiv, er arbeitete für verschiedene Zeitungen und Fernsehsender. „Die Onlineversion des Senders wird hoffentlich Ende November an den Start gehen“, sagt er. Dickinson arbeitet im JN1-Studio in Kiew. Der Sender hat Dependancen in Brüssel, Tel Aviv sowie New York. Sendesprache ist Englisch. Rund um die Uhr werden Nachrichten und Reportagen gezeigt, die sich vor allem um jüdische Themen drehen, aber nicht nur für die jüdische Gemeinschaft interessant sein sollen.

Täglich gibt es eine gemeinsame Konferenz. Alle Studios sind per Video zugeschaltet, jedes kann Themenvorschläge einbringen. Das Programm wird letztlich vom Studio in Kiew gemacht. Dort sitzt der sogenannte Newsroom. Insgesamt hat JN1 rund sechzig Mitarbeiter, das größte Team sitzt in Kiew.

Im Studio in Brüssel arbeiten sechs Leute, Alexander Zanzer ist einer von ihnen. Zanzer ist Mitgründer von JN1, er beschäftigt sich seit langem mit Medien, speziell sozialen Netzwerken. Bei JN1 ist er für die Koordination des Programms zuständig. Zanzer ist 46 Jahre alt. „Ich bin der Älteste hier“, sagt er und lacht. Seine Kollegen seien alle sehr jung. Unabhängig von der Konfession könne jeder, der einen journalistischen Hintergrund hat und sich für jüdische Themen interessiert, bei dem Fernsehsender mitmachen. Den Zuschauern will JN1 das zeigen, was sie auf anderen Sendern nicht sehen können. „Die Menschen sollen das Programm nicht nur einschalten, weil es jüdisch ist“, sagt Zanzer. „Sondern weil es interessant ist und sie solche Sendungen woanders noch nicht gesehen haben.“

JN1 sei ein Nischenprogramm, meint Zanzer. Doch die Nische ist ziemlich groß: Rund 15 Millionen Menschen jüdischen Glaubens gibt es auf der Welt, die meisten leben in den Vereinigten Staaten und Israel. Um die Sendelizenzen in diesen Ländern bemüht sich JN1 gerade.

Finanziert wird der Fernsehsender von Igor Kolomoisky und Vadim Rabinovich. Zum Start haben die ukrainischen Geschäftsmänner fünf Millionen US-Dollar investiert. Kolomoisky ist Präsident, Rabinovich Vizepräsident der Vereinigung der Europäischen Juden, einem Dachverband von jüdischen Gemeinden und Organisationen in Europa. Mit JN1 wollen sie Positives über Israel vermitteln – der Sender soll auch ein Gegenwicht zu Al Dschasira werden, dem arabischen Fernsehsender, der weltweit zu empfangen ist.

Wie man Fernsehen macht, das weiß Vadim Rabinovich. Der Oligarch ist ein Medienmogul in der Ukraine, ihm gehört der größte Fernsehsender des Landes.

In Deutschland gibt es bislang kein Studio. „Vor allem für die jüdische Gemeinde in Deutschland wäre solch ein Programm interessant“, meint Zanzer. Trotz „dieses Krieges“, wie er den Zweiten Weltkrieg nennt, sei die Beziehung zu Deutschland sehr gut, „besser als in vielen anderen Ländern.“

In Deutschland ist JN1 bisher nur über Youtube und die Facebook-Seite zu empfangen. „Wir kennen den Sender nicht“, sagt Lala Süsskind von der Jüdischen Gemeinde Berlin. „Doch jeder neue jüdische Sender ist willkommen und notwendig“, meint die Gemeindevorsitzende. „Allerdings macht so ein Sender nur dann Sinn, wenn über die Problematik im Nahen Osten objektiv berichtet wird. Al Dschasira beispielsweise erfüllt dieses Kriterium nicht.“

In den nächsten Wochen soll JN1 in weiteren Ländern zu empfangen sein. Büros, unter anderem in Berlin, sind geplant. Zudem soll das Programm künftig auch in deutscher, russischer und französischer Sprache ausgestrahlt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false