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Jugend und Musik: Wer will das bezahlen?

Der Musikkanal MTV wird Pay-TV, Viva bleibt im Free-TV.

So spricht ein Dienstleister: „Dieser Schritt läutet eine neue Entwicklungsphase für MTV Networks Germany ein und unterstreicht die Maxime des Unternehmens, den Bedürfnissen seiner Konsumenten zu entsprechen.“ Aber goutieren die Konsumenten diesen Schritt? Der Musikkanal MTV wird zum Pay-TV im deutschen Fernsehen. Von Januar 2011 an wird das Programm ausschließlich als Abosender auf digitalen Kabel-, Satelliten- und Breitbandplattformen zu empfangen sein, bestätigte das zur US-amerikanischen Viacom-Gruppe gehörende Unternehmen am Dienstag. Die Verbreitung von MTV im frei empfangbaren Fernsehen endet, die Ära des reinen Musikfernsehens war längst Vergangenheit.

Im Gegenzug zum künftigen Pay-TV MTV wird der Schwestersender Viva zum zentralen Musik- und Entertainmentkanal im Free-TV umgebaut – und soll dort künftig erfolgreiche Formate aller Sender von MTV Networks Germany ausstrahlen. „Viva wird damit auch ein frei zugängliches Schaufenster zu unserer Programmwelt“, sagte Dan Ligtvoet, General Manager MTV Networks Germany. Zum Senderportfolio gehören auch Nickleodon und Comedy Central im Free-TV, ein ganzes Paket digitaler Pay-Kanäle wie MTV Dance, MTV rocks, VH1 sowie der angekündigte Newcomer MTV brand:new mit ausschließlich Videoclips. Die Strategie wird sich beispielsweise an „MTV Home“ mit Joko, Klaas und Assistentin Palina zeigen, das künftig zuerst bei MTV laufen wird, ehe es bei Viva wiederholt wird.

MTV ist damit der erste der etablierten Sender in Deutschland, der sein Geschäftsmodell von Werbefinanzierung auf Bezahlangebot umstellt. „Wir erreichen dadurch künftig eine besser ausbalancierte Verteilung der Erlöse“, sagte Ligtvoet. „Ich erwarte mir davon mehr Wachstum. Unsere Strategie ist, Inhalte überall dort anzubieten, wo die Nutzer sie sehen wollen.“

Die Verlagerung von MTV ins Pay-TV ist ein Risiko. Die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen gilt als die „Generation Gratis“, die Inhalte wie Musik, Serien, Kino im Netz sucht und illegal, sprich kostenlos nutzt. Dass ein Sender wie MTV, der beim einschlägigen Publikum bislang auf rund 0,7 Prozent Marktanteil kommt – Viva hält sich bei einem Prozent –, solche Anziehungskräfte auf ein zahlungswilliges Klientel entfalten kann, scheint fraglich. MTV-Sprecherin Marie-Blanche Stössinger zeigte sich genau davon überzeugt und verwies auf entsprechende Erfahrungen bei schon vorhandenen MTV-Angeboten im Pay-TV-Bereich. Mitte der 90er Jahre war das Satellitensignal des Senders bereits einmal verschlüsselt worden, das Ergebnis war ein Fiasko, die Rückkehr ins Free-TV die Reaktion.

Außer „den Bedürfnissen seiner Konsumenten“ hat MTV Germany noch ein zweites Argument für den Wechsel parat: Der Sender soll „sich im Gleichklang mit der sich stets weiterentwickelnden digitalen Medienlandschaft positionieren“. Heißt: Kabelnetzbetreiber wie Kabel Deutschland oder Plattformen wie Sky haben großes Interesse daran, ihre Pay-TV-Pakete, um MTV aufgehübscht, an ihre Kunden zu verkaufen. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Auch Free-TV-Konzerne wie die RTLGruppe betreiben digitale Abosender, Pro Sieben Sat 1 unterhält unter anderem den Pay-TV-Kanal Sat 1 Comedy.

Der anhaltende Misserfolg von Sky muss nicht schrecken. Es gibt auf der Pay-Plattform kommerziell erfolgreiche Partner wie NBC Universal Deutschland (Syfy, 13th street). Sky leidet unter den Wahnsinnspreisen für exklusiven Fußball, die im Markt auf absehbare Zeit nicht refinanzierbar sind.

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