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Jung, naiv, aber genial: ZDFinfo zeigt "Google-Story" unkritisch als reine Erfolgsgeschichte

Die kanadische TV-Doku „Die Google-Story“, die ZDFinfo am Freitag ausstrahlt, zeigt vor allem eins: die Geschichte eines Erfolgs. Für Kritik bleibt da kaum Platz.

Die kanadische Dokumentation „Die Google-Story“, die der Digitalkanal ZDFinfo an diesem Freitag zeigt, ist zwar eine Erstausstrahlung im deutschen Fernsehen. Doch das Produktionsjahr 2014 bezieht sich lediglich auf die Synchronisation. Entstanden ist der Film von Ted Remerowski, der im Original „Google World“ heißt, jedoch bereits im vergangenen Jahr. Entsprechend konnten die Auswirkungen der von Edward Snowden ausgelösten Debatte über die Macht der NSA und die Mithilfe großer US-Unternehmen beim größten Lauschangriff auf die Menschheit folglich nicht behandelt werden.

Nach Ansicht der 45-minütigen Dokumentation stellt sich allerdings die Frage, ob der Zeitpunkt der Entstehung dabei tatsächlich einen so großen Einfluss hat. Denn während in Europa und insbesondere in Deutschland Googles Geschäftsgebaren bereits vor einem Jahr zunehmend argwöhnischer betrachtet wurde – insbesondere seit der Konzern für Street View flächendeckend Straßen und Häuser fotografierte – stand Remerowskis Film noch immer ganz unter dem Eindruck des Google-Leitspruchs „Don’t be evil“. Und böse wollte der Kanadier sicherlich nicht zu Google sein. Seine Google-Story ist vor allem eins: die Geschichte des Erfolgs einer „Milliarden-Dollar-Maschine“, wie der Zusatztitel des Films lautet.

Nur wenigen anderen Dokumentaristen hat sich Google so weit geöffnet

Der ZDF-Digitalsender bewirbt die „Google-Story“ damit, dass hier ein Blick hinter die Kulissen der mächtigsten Suchmaschine der Welt geworfen wird, inklusive Innenansichten aus den Google-Büros in China und Russland und natürlich vom Hauptsitz „Googleplex“ im Silicon Valley in Kalifornien. Das ist sicherlich richtig. Nur wenigen TV-Produktionen zuvor hat sich Google so weit geöffnet. Inzwischen arbeiten weltweit rund 40 000 Menschen für das Unternehmen. Remerowski hat mit dem Google-Mitarbeiter Nummer drei genauso gesprochen wie mit vielen anderen Angestellten aus den Anfangsjahren. Die Kameras waren bei Teammeetings genauso dabei wie bei Bewerbungsinterviews. Aber auch mit Ex-Mitarbeitern, die inzwischen außerhalb von Google ihr Glück mit eigenen Unternehmen versuchen und deshalb vermutlich etwas freier über den großen Datensammler reden können, hat der Dokumentarfilmer gesprochen.

Den unerschöpflichen Hunger nach immer mehr Daten betrachtet die Dokumentation dabei aus einem deutlich anderen Blickwinkel, als man ihn in Europa oder Deutschland gewohnt ist. Ausführlich erläutert der Film, wie Google mit seinen Datensilos aufs Land zieht, in Gegenden, in denen früher die Bekleidungsindustrie blühte, und wo nach deren Niedergang ein Überangebot an billigem Strom existiert. Google sei nicht nur groß darin, über Textwerbung viel Geld zu verdienen, Sergej Brin und Larry Page hätten immer auch versucht, die Kosten gering zu halten, lobt Remerowski die Gründer. Anfangs habe man bei den Computern aus Sparsamkeit auf die Gehäuse verzichtet, heutzutage würden schwimmende Datenspeicher entwickelt, die ihre Energie aus der Wellenbewegung decken sollen. Jung und naiv, aber immer genial, so werden Google und seine Mitarbeiter präsentiert.

Der Film „Die Google-Story“ bietet einen interessanten, vor allem aber einen überaus schwärmerischen Blick auf einen der größten Datensammler der Welt. Die unkritische Sichtweise könnte damit zusammenhängen, dass Kanada nicht nur ein Nachbarland der USA ist, sondern dass sich die beiden Länder in Fragen der Privatsphäre und der Geheimdienste so nah sind wie sonst nur Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Zusammen mit Australien und Neuseeland gehören die USA, Großbritannien und Kanada zu den Five-Eyes-Staaten, deren Geheimdienste besonders eng zusammenarbeiten. Doch davon erfährt man in dem Beitrag nichts. Kurt Sagatz

„Die Google-Story – Die Milliarden-Dollar-Maschine“, ZDFinfo, Freitag um 18 Uhr 45

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