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George_Hoger

© NDR

Kammerspiel: Erst stirbt die Katze, dann...

Ein Zwei-Personen-Drama kommt auch ohne Action und Brimborium aus. Götz George und Hannelore Hoger nehmen es mit Jean Gabin und Simone Signoret auf.

Sie reden kein Wort mehr miteinander. Schreiben sich nur noch kleine Zettelchen, mit Kurznotizen darauf. Wirkliches Miteinander, verbal wie körperlich, findet in diesem dunklen, abgelegenen Haus irgendwo am Rande von Kiel nicht mehr statt. Margret (Hannelore Hoger) und Siegmar (Götz George) sind seit sieben Jahren verheiratet und nunmehr völlig entzweit – und dies wegen einer Katze! Als sie sich kennenlernten, auf einer Seniorenfahrt, da waren sie beide alleinstehend, beide verwitwet. Sie, die Gutbürgerliche, die Keksfabrikanten-Witwe. Er, der Proletarier, der frühere Polier.

Aus Einsamkeit ruft sie ihn wieder an, ihr Küchenboden sei schief, ob er mal nachsehen könnte. Und anderntags sieht er nach und repariert. Und bald darauf schon kommt er einmal die Woche zum Essen, bis sie über Heirat sprechen. Das geschieht, wie später auch auf dem Standesamt mit den nur zwei Gästen, alles recht unemotional. Eine Zweckehe eher, der Pragmatismus prägt Denken und Handeln. Als Siegmar schließlich bei Margret einzieht, aus seiner kleinen Wohnung in ihr großes Fabrikantenhaus, da bringt er noch jemanden mit. Lilli, die Katze. Sie wird aus dieser Ehe unfreiwillig eine Hölle machen.

Er ist ein cineastisches Schwergewicht, der aus dem Jahre 1971 stammende Film, den Pierre Granier-Deferre mit Jean Gabin und Simone Signoret seinerzeit inszenierte („Silberner Bär“ bei der Berlinale im selben Jahr). Er basierte auf Georges Simenons Roman „Die Katze“, Grundlage auch für die Neuverfilmung. Das Drehbuch für die norddeutsche Fernseh-Adaption schrieb Daniel Nocke („Ende der Saison“), Regie führte Kaspar Heidelbach („Das Wunder von Lengede“).

Herausgekommen ist ein feines Kammerspiel, das ganz von seinen beiden Hauptakteuren getragen wird. Ein Katz-und-Maus-Spiel, wie es im Film selbst einmal heißt. Und nicht immer ist dabei gewiss, wer die Katze ist, und wer die Maus. Das spielen Hannelore Hoger und Götz George ganz wunderbar nuanciert aus, präzise auf den Punkt, und meist liegt dabei alles in ihren Blicken und Gesten – ihre Einsamkeit, ihre Traurigkeit, ihre Verbitterung auch. Wer hätte denn gedacht, dass eine Katze zwei reife erwachsene Menschen in zwei Krieger verwandeln könnte? Gefangen in einem Haus, dessen gefühlte emotionale Raumtemperatur die Minusgrade erreicht haben dürfte.

Margret reagiert von Anfang an allergisch auf „dieses Tier“, und als Siegmar es eines Tages im Keller findet, gestorben durch Rattengift, bricht er jegliche Kommunikation mit seiner zweiten Frau ab. Die Katze als Seismograph einer Ehebeziehung. Obgleich zu keinem Zeitpunkt sicher ist, ob Margret wirklich die Täterin war. Das bleibt offen bis zum Schluss und macht all die Unwägbarkeit, die Ambivalenz dieser Lebenssituation mit aus. Dass sie, bevor sie ihrerseits zum Gegenschlag ausholt, zunächst fassungslos auf sein Schweigen reagiert und meint, Rattengift wäre für Katzen doch ungefährlich, ließe freilich die Vermutung zu, dass sie es gar nicht war. Doch die Verletzung Siegmars ist zu groß. Seine Katze, seine Lilli – tot. Und daraufhin ist es Margrets Verletzung, die wächst. Da stehen dann schließlich zwei Menschen, die sich voneinander abgelehnt fühlen, nicht akzeptiert. Und genau darum geht es in diesem berührenden Zwei-Personen-Drama, das auch ohne Action und Brimborium auskommt. Wozu auch, alles findet hier im Innen und im Inneren statt: Es ist dies eine stille, leise Introspektion zweier Seelen.

„Die Katze“, ARD, 20 Uhr 15; anschließend um 21 Uhr 45 „Nicht reden, machen. Begegnung mit Götz George“

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