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Kartenspiel: Poker ohne Limit

Der Poker-Boom erfasst den deutschen Zeitschriftenmarkt: Mit interessanten Themen und einer hochwertigen Aufmachung konnten etliche Magazine einen kräftigen Start hinlegen.

Die Medienbranche zeichnet gerne düstere Bilder: Von der Krise im Printmarkt wird geredet, vom Konkurrenzdruck aus dem Internet, vom Sterben der Zeitschriften. Das mag für einige Bereiche zutreffen, für ein Segment sicher nicht: Zur Zeit formiert sich ein ganz neuer Markt – für Pokerzeitschriften. Schlagartig entsteht ein Magazin nach dem anderen, Poker ohne Ende am Kioskregal. „Ace“, „Showdown“, „Poker Blatt“ – so klingen die Namen dieser Illustrierten.

Eines der jüngsten Kinder in der Sparte heißt „Royal Flush“ und erscheint seit Dezember alle zwei Monate. Heft Nr. zwei ziert Boris Becker, die Geschichte im Heft beschreibt dessen Wandlung vom Tennisstar zum begeisterten Pokerspieler. Tenor: Boris der Kämpfer – Mann gegen Mann, auf dem Tenniscourt wie am Spieltisch. Außerdem im Angebot von „Royal Flush“: ein Verhaltenskodex für gute Manieren beim Kartenspiel und eine Servicestrecke zu der Frage „Wie legal ist Pokern zu Hause?“.

Mit solchen Themen und einer hochwertigen Aufmachung konnte das Magazin einen kräftigen Start hinlegen. Jeweils rund 30.000 Exemplare habe man von den ersten zwei Ausgaben verkauft, sagt „Royal Flush“-Redakteur Michael Außerbauer. Und das bei einem stolzen Preis von 3,99 Euro. „Vor zwei Jahren war Poker noch eine Untergrundbewegung, aber seit 2007 gibt es einen Boom, den man auch verlegerisch nutzen kann“, sagt Außerbauer. Rund zwei Millionen Deutsche, so schätzen Insider, haben ihre Begeisterung für das Pokerspiel schon entdeckt. Nebenbei ist aus dem Boom längst ein Medienphänomen geworden: Im Internet läuft Poker äußerst erfolgreich. Bei TV-Sendern wie DSF, Giga oder Das Vierte können die Zuschauer Profispielern stundenlang in die Karten schauen, Stefan Raab macht das Pokern mit Prominenten bei ProSieben zur abendfüllenden Unterhaltungsshow.

Auf dem Zeitschriftenmarkt mussten sich die Fans lange mit Fachmagazinen aus England oder den USA begnügen. In ihrer Aufmachung variieren die deutschen Blätter beträchtlich voneinander: Auf Hochglanz, Lifestyle und viel nackte Haut setzt das „GX-Magazin“, während die „Poker Tribune“ mit ihrer schlichten Optik einen etwas muffigen Altherrencharme ausstrahlt. Nach Angaben von Redakteur Dirk Oetzmann soll die „Poker Tribune“ eine „Brücke schlagen zwischen allgemeinem Infoblatt und Vereinszeitschrift“. Im Heft: Turnierberichte, Portraits, Interviews mit erfolgreichen Spielern. Ähnliche Themen bietet auch das „Poker Blatt“, das vor drei Monaten mit seiner ersten Ausgabe an den Start ging. Daneben finden sich detaillierte Analysen von Meisterschaftspartien und Einführungstexte in die unterschiedlichen Varianten des Spiels. „Für viele ist Poker eine richtige Leidenschaft“, sagt „Poker Blatt“-Chefredakteur Jan-Peter Jachtmann. „Diese Leute wollen etwas über ihren Sport lesen und vor allem strategische Anregungen bekommen.“

Kein Hinterzimmer-Glücksspiel also, sondern anspruchsvoller Denksport – so präsentieren die Zocker-Reporter das Pokern. Davon müssen nur noch die Anzeigenkunden überzeugt werden. Bislang schalten fast nur Anbieter aus der Welt des Pokers ihre Reklame in den Magazinen: Casinos, Turnierveranstalter, Internet-Spielportale. Doch die Zeitschriften- Macher spekulieren auf einen wachsenden Werbekuchen. „Das Image des Pokers hat sich deutlich verbessert, deswegen hoffen wir auf neue Inserenten“, sagt Jan-Peter Jachtmann. Eine Handvoll weiterer Titel könnte in der nächsten Zeit auf den deutschsprachigen Markt drängen, vermuten Branchenkenner. Immer mehr Deutsche werden sich für das Pokerspiel begeistern, glaubt „Poker Blatt“-Chef Jachtmann. Trotzdem: Mehr als drei oder vier vernünftige Pokermagazine könne der Markt nicht vertragen. „Die Branche wird sich früher oder später gesund schrumpfen.“

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