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Yanar

© RTL

Kaya Yanar: "Ich bin zu lieb"

Kaya Yanar über „Faschoköppe“, Integration durch Comedy und Horst Schlämmer.

Herr Yanar, in Ihrer neuen Show werden Sie als „Türke, der kein Türkisch mehr kann“, angekündigt. Eine Ihrer Rollen?

Nein, wie viele Türken meiner Generation kann ich kein Türkisch mehr. Ich gebe es nur zu.

Dann sind Sie einer dieser Zwangsassimilierten, die der türkische Ministerpräsident Erdogan kürzlich kritisiert hat.

Was meint Erdogan überhaupt mit Assimilation? Ich kannte das Wort nur von Star Trek. Gibt es hier in Deutschland eine akute Assimilationsgefahr für die drei Millionen Türken? Haben ein paar von ihnen bei Erdogan angerufen und gesagt: „Hilfe, ich bin kurz vor der Assimilation – Erdogan, hilf mir“? Und wenn er ihnen nicht hilft, werden sie plötzlich blond und blauäugig?

Was meint Erdogan?

Ehrlich, ich weiß es nicht, es sagt ja keiner: „Wenn du nach Deutschland kommst, musst du Türkisch verlernen und du darfst deine Religion nicht ausüben.“ Ich glaube, es gibt etwa 160 Moscheen in Deutschland.

Über die Sie nie einen Witz machen würden. Wo liegt für Sie die Grenze?

Ich weiß gar nicht so genau, wo die Grenze liegt. Manche Leute lachen über mich, weil ich frech und politisch unkorrekt bin. Andere sagen, „ich lache über den, weil er niemandem wehtut und politisch korrekt ist.“

Das politische Kabarett gilt in Deutschland als die Königsklasse der Comedy. Reizt Sie das Genre nicht auch?

Politiker interessieren mich nicht – weil ich sie nicht besonders witzig finde. Außerdem gibt es wenige wie Volker Pispers oder Bruno Jonas, die politisches Kabarett wirklich beherrschen. Ich glaube auch nicht, dass man damit etwas bewegen kann. Wenn ich einen Bildungsauftrag hätte, würde ich keine Unterhaltungsshow machen, sondern ein Buch schreiben.

Wann können wir damit rechnen?

Wenn ich in ein paar Jahren meine Meinung über Ausländer, Inländer und den Kampf der Kulturen loswerden möchte. Es kann sein, dass ich in fünf Jahren ein Buch schreibe mit dem Titel: „Meine Meinung – Kaya Yanar“. Und das Buch kaufen dann 20 Leute. Aus Versehen. Weil Sie mich verwechselt haben.

Auch wenn Sie sich verwahren, Ihre Herkunft macht Sie immer wieder zum Politikum. Ein Dilemma?

Nicht wirklich. Ich akzeptiere, dass beides von mir gefordert wird. Einerseits soll ich Witze machen, andererseits soll ich bestimmte Fragen kommentieren. Ich habe zum Beispiel die Ausländerattacken in Mügeln thematisiert – aber auf meine Art, indem ich mich darüber lustig mache, dass die Faschoköppe Inder und Türken nicht unterscheiden können.

Werden Ausländer durch diese Lacher leichter integriert?

Durch die Comedy können wir zumindest eine leichtere und entkrampfte Atmosphäre schaffen. Integration ist schwierig, besonders wenn sich zwei Kulturkreise so diametral gegenüberstehen wie die der Deutschen und Türken. Aber Lachen baut Spannungen ab, und dadurch wird Integration vielleicht einfacher.

Sie haben kürzlich ein lukratives Angebot von Sat 1 ausgeschlagen, eine weitere Staffel Ihrer Sendung „Was guckst du?“ zu drehen …

… sehr lukrativ – ich darf nicht darüber nachdenken …

… zieht es Sie wieder ins Fernsehen?

Wenn ein Sender endlich mal das macht, was ich vorschlage, ja. Und ich denke, dass wird bald der Fall sein. Die Sender erkennen, dass die Zeit der billigen Comedyshows vorbei ist. Die Zuschauer wollen diese Fließbandware nicht mehr. Ich glaube, wir müssen wieder ein bisschen Geld ausgeben.

Mal angenommen, Sat 1 nimmt mehr Geld in die Hand, was bietet Kaya Yanar?

Ich würde gerne eine Weiterentwicklung von „Was guckst du?“ machen – aus dem Ausland. Wir sollten die Figuren nehmen und sie in ihre Heimat schmeißen, um unsere Klischees auch dort zu überprüfen. Wenn meine Figur Ranjid tatsächlich in Mumbai wäre und sich Indien für uns anguckt, das finde ich einen spannenden Gedanken – kostet aber ein Schweinegeld.

Sie sind durch Witze über die Missverständnisse zwischen Deutschen und Ausländern bekannt geworden. Jetzt macht sich Mario Barth über die Verständigungsprobleme zwischen Frauen und Männern lustig. Was ist so unterhaltsam am Missverständnis?

Das Feld kann die Comedy gut beackern. Bei Themen, bei denen es Spannung, Schmerz oder andere anstrengende Gefühle gibt, hat Comedy eine Art Entkrampfungsauftrag. Dazu kommt, dass Mario das Thema Mann-Frau am politisch inkorrektesten präsentiert – und deshalb wahrscheinlich auch den größten Erfolg hat.

Vielleicht wäre Ihr Erfolg noch größer, wenn Sie auch mal über die Stränge schlagen würden.

Das liegt mir einfach nicht, ich bin nicht so böse wie Harald Schmidt oder Oliver Pocher. Ich bin zu lieb.

Lachen Sie trotzdem über die beiden?

„Schmidt & Pocher“ ist zumindest besser, als ich angenommen hatte. Als ich am Anfang gehört habe, dass die beiden die Show jetzt zusammen machen, dachte ich, „was soll denn das werden?“ Aber ich halte es für eine spannende Entwicklung, dass sich Stars für eine Sendung zusammentun.

Wer ist Ihr Wunschpartner?

Da gibt’s eine ganze Menge. Ich würde gerne mal Sketche mit Anke Engelke oder Hape Kerkeling spielen, weil beide meine Art Humor haben. Ich fände es spannend, wenn Hapes Figur Horst Schlämmer mal auf Hakan, den Türsteher, treffen würde.

Weiß Kerkeling das?

Ich habe ihn mal darauf angesprochen. Er hat gesagt: „Klar können wir das machen, ich rufe dich an“ – wie das Promikollegen eben so tun. Und dann hörst du nie wieder was von denen. Aber die Kollegen können sich über mangelnde Arbeit ja auch nicht beklagen.

Das Interview führten Tim Klimeš und Torben Waleczek.

„Kaya Yanar live! – Made In Germany“, RTL, 22 Uhr 15

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