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Medien: „Kein Cent extra, kein Tatort“

SWR-Intendant Boudgoust über Stärken und Schwächen einer ARD-Mediathek

Warum ist die ARD-Mediathek trotz ständiger Ankündigungen noch nicht online? Das ganze Drumherum wirkt ein bisschen undurchsichtig, zumindest unverständlich.

Von ständigen Ankündigungen kann keine Rede sein. Wir haben auf der IFA den Showcase gezeigt und gesagt, dass die Mediathek Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres online gehen wird.

Es gab auch andere Meldungen.

Nicht von uns. Im September haben wir uns entschieden, freiwillig mit der ARD- Mediathek in einen antizipierten Drei-Stufen-Test zu gehen …

… der auf EU-Anregung vorsieht, dass neue oder wesentlich veränderte digitale Angebote künftig vom Rundfunkrat der für das Angebot federführenden Landesanstalt nach einer besonderen Prüfung genehmigt würden.

Geprüft wird, ob das neue Angebot Teil des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, welchen qualitativen Beitrag zum publizistischen Wettbewerb es leistet und wie hoch der damit verbundene finanzielle Aufwand ist.

Also ob man die Mediathek überhaupt braucht.

Man sollte die politischen Rahmenvorgaben nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wir haben diesen Drei-Stufen-Test jedenfalls antizipiert. Entsprechende gesetzliche Regelungen müssen erst noch geschaffen werden, das Verfahren ist noch gar nicht beschrieben. Diese Entscheidung hat dazu geführt, dass die ARD-Mediathek zunächst im federführenden Rundfunkrat des SWR beraten wurde. Dieser hat einstimmig zugestimmt. Auf Basis dieses Votums erfolgte die Beratung in allen Rundfunkräten der ARD. Am Ende haben die Vorsitzenden aller Gremien in Bremen die ARD-Mediathek ausdrücklich begrüßt. Auf der anderen Seite hat der Drei-Stufen-Test dazu geführt, dass sich der Start der ARD-Mediathek verzögert. Wir bleiben aber im Zeitkorridor Anfang nächsten Jahres.

Das ZDF stellt in seiner Mediathek circa 50 Prozent seines Programms online. Wie ist das bei der ARD? Plasbergs Talk „Hart aber fair“ kann ich sehen, „Schmidt & Pocher“ suche ich vergebens.

Die ARD-Mediathek unterscheidet sich von der ZDF-Mediathek deutlich. Sie ist nicht die Mediathek eines Fernsehprogramms. Die ARD-Mediathek versammelt die Fernseh- und Radioinhalte aus den in der ARD bereits bestehenden Mediatheken, Audio- und Videoportalen. Wenn Sie also wissen wollen, was enthalten sein wird in der ARD-Mediathek, hilft ein Blick in die derzeitigen Abrufangebote der ARD.

Sie haben also längst eine Mediathek.

Nein, diese Bündelung gibt es bislang bei uns noch nicht. Zum Start der Mediathek werden On-Demand-Videos, Livestreams oder Podcasts aus rund 50 Formaten abrufbar sein. Eine Liste der derzeitigen Angebote finden Sie unter www.daserste.de/interaktiv/videos.asp. Neu ist die komfortable Bündelung der Angebote auf einer Plattform und die verbesserte, einheitliche Qualität der Videos.

Aber es geht um mehr als um Bündelungen. Es wird nicht nur von Seiten des Privatsenderverbands viel über die Zusatzkosten des Online-Angebots der Öffentlich-Rechtlichen diskutiert. „Hart aber fair“ wird nicht nur als Video online gestellt, sondern offenbar stark mit Zusatzinfos redaktionell bearbeitet.

Natürlich müssen die Programminhalte für das Internet mediengerecht aufbereitet werden. Deshalb gibt es zu allen Beiträgen Zusatzinformationen, direkte Links zu weiteren Beiträgen aus der Sendung, Links zu Beiträgen mit demselben Thema und zur Seite der jeweiligen Sendung. Diese Informationen dienen der Kurzinformation und Einordnung. Umfangreichere Informationen wird man nach wie vor auf den jeweiligen sendungsbegleitenden Seiten finden. Was die Kosten angeht: Keine Sorge, wir geben nicht einmal ein Prozent unserer Einnahmen für Online aus. Mehr hätten wir auch nicht. Die ARD-Mediathek kostet Gebührenzahler keinen Cent extra.

Laufen da Quotenhits wie der „Tatort“?

Bei fiktionalen Programmen erschwert uns die Rechtesituation vielfach eine nachhaltige Ausstrahlung in der Mediathek. Deshalb wird es zum Start weder „Verbotene Liebe“ noch den „Tatort“ geben. Die ARD wird die Nutzung von Serien in der Mediathek aber zu einem späteren Zeitpunkt erproben.

Das Interview führte Markus Ehrenberg.

Peter Boudgoust ist seit Mai dieses Jahres Intendant des Südwestrundfunks (SWR). Der Regionalsender koordiniert fürs Erste die Online-Aktivitäten der ARD, den Ausbau der Mediathek.

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