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Medien: „Kein gutes Investment“

Medienseiten sind zu personalintensiv und anzeigenarm, sagt Ulrich Reitz

Für einen Moment hat der „Spiegel“ Weltpolitik gemacht. Als auf der Münchner Sicherheitskonferenz zwischen Staatsleuten der Luxusklasse, der internationalen Elite, thematisiert wurde, was das Hamburger Magazin über ein Manöver „Mirage“ geschrieben hatte – einen angeblichen Weg aus der KriegIn-Sicht-Krise um den Irak ohne kriegerische Handlung.

Der Tagesspiegel wusste, dass die Quelle der Bundeskanzler war. Die sich daraus ergebende Frage, ob der „Spiegel“ seiner Glaubwürdigkeit damit einen Tort angetan hat, kann thematisiert werden. „FAZ“-Herausgeber Frank Schirrmacher hat dies ansatzweise getan. Aber, obwohl es sich offenkundig um eine Medien-Story handelt, nicht auf der Medienseite, sondern im Feuilleton. Er wird seine Gründe gehabt haben.

Wie schlecht oder wie gut es dem Springer-Verlag geht, ob der Verlag der „Süddeutschen Zeitung“ zum (Teil-)Verkauf steht, wie es um die finanzielle Situation der „Frankfurter Rundschau“ bestellt ist, ob Holtzbrinck bei der „Berliner Zeitung“ zum Zuge kommt – alles nicht uninteressant: für den Wirtschaftsteil einer Zeitung. Und warum nicht für die Medienseite, wo es doch um Medien geht?

Unternehmen können über sich nicht objektiv berichten. Als die „WAZ“ meldete, die „WAZ“ sei an der „Süddeutschen“ interessiert: Diente diese Meldung in eigener Sache der Information oder war sie Teil einer Übernahme-Strategie? Handelte es sich um Berichterstattung oder Geschäftspolitik? Wirtschaftsfachleute oder Medienkundige, Insider also, werden diese Frage beantworten können. Der Leser als Normalo ganz sicher nicht.

Die „FAZ“ hat nicht über interne Kräche wegen eines Teil-Umzuges nach Berlin berichtet. Die „Welt“ nicht über ihr Jahrzehnte dauerndes Defizit. Die „Süddeutsche“ nicht über Scharmützel ihrer Gesellschafter, ihre fragwürdige Expansion in neue Geschäftsfelder. Stattdessen sind diese deutschlandweit vertriebenen Zeitungen, mal offen, mal verdeckt, übereinander hergezogen. Hat das etwa der Wahrheit gedient?

Übereinander so zu schreiben, dass Leser es schwer haben, zwischen Eigeninteresse und Information zu unterscheiden, ist problematisch. Tageszeitungen leben von ihrer einmalig hohen Glaubwürdigkeit. Die oft nur wirtschaftlichen Interessen oder der Unterhaltung eigener Kollegen dienende Konkurrenzschelte beschädigt diesen Kredit.

An wen wenden sich Medienseiten, wenn sie mehr sein wollen als anspruchsvoll gemachte Fernseh-Programmteile? In Werbehochburgen wie Düsseldorf, Hamburg oder Frankfurt und Medien-Standorten wie Köln, München und Berlin kommt diese Szene in Frage. Ansonsten sind es doch nur die eigenen Kollegen, die über sich selbst schreiben. Was man als bürgerlich denkender Mensch im übrigen auch noch als durchaus indezent empfinden kann. Stillos also.

Insider-Geschichten von Medien über Medien sind nicht nur medienethisch problematisch, sondern auch noch teuer. Medienseiten haben ein äußerst übersichtliches Publikum, sind dafür aber ebenso personalintensiv wie anzeigenarm. Ist ein Investment in die Unterhaltung von Kollegen ein gutes Investment?

Ulrich Reitz ist Chefredakteur der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf. Medienseiten bezeichnete er einmal als „die größte Seuche“ und forderte ihre Abschaffung. Fotos: Heinrich, Promo

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