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Medien: Kierkegaard und der Unabomber

Schon vor anderthalb Jahrhunderten hat der dänische Philosoph Sören Kierkegaard die prekäre Existenz des Einzelnen in der bürgerlichen Gesellschaft mit großer Schärfe bedacht. Kierkegaard schrieb über einen Fortschritt, der das Individuum zur bloßen Schwungmasse degradiert.

Schon vor anderthalb Jahrhunderten hat der dänische Philosoph Sören Kierkegaard die prekäre Existenz des Einzelnen in der bürgerlichen Gesellschaft mit großer Schärfe bedacht. Kierkegaard schrieb über einen Fortschritt, der das Individuum zur bloßen Schwungmasse degradiert. Wo alle das Gleiche wünschen müssen, damit das soziale System funktionieren kann, wird Freiheit zur paradoxen Fiktion. Einen Ausweg sah Kierkegaard in der bewussten Entscheidung für eine christliche Existenz. In der ökonomisch nicht verwertbaren Leidenschaft des Religiösen. In ihrem Radioessay „Der Sokrates von Kopenhagen“ analysiert Ingeborg Breuer die Grundzüge der Kierkegaard’schen Existenzphilosophie (Kulturradio, 10. November, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

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Erotische Literatur aus Amerika, cooler Jazz und Christian Brückners markante Vorlesestimme. Was kann man sich von seinem Radio Besseres wünschen? „Storys vom verschütteten Leben“ hat Autorin Monika Künzel ihre nächtliche Séance überschrieben. Brückner liest Henri Miller, Sam Shepard, Charles Bukowski. Drei Herren, die fast ausschließlich über Liebe und Sex geschrieben haben und darüber, was Männer so anstellen, wenn ihnen beides fehlt. (Deutschlandradio Kultur, 12. November, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

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Rudolf ist Musikschriftsteller. Seit zehn Jahren will er ein Buch über seinen Lieblingskomponisten Mendelssohn Bartholdy schreiben. Doch statt endlich den ersten Satz aufs Papier zu bringen, lauscht Rudolf lieber den endlos kreisenden Monologen in seinem Kopf. Rudolf, so ahnen die Kenner, ist eine typische Figur aus Thomas Bernhards literarischem Universum. Im Roman „Beton“ hat Bernhard vor fast 25 Jahren Rudolfs Geschichte erzählt. Nun ist aus dem musikalischen Kopftheater ein wunderbares Hörspiel geworden (Deutschlandfunk, 12. November, 20 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

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Bisher waren Roboter das Lieblingsspielzeug der Science-Fiction-Autoren. Aber nun haben japanische Ingenieure ein wirkliches Roboterzeitalter ausgerufen. Auf der diesjährigen Expo in Japan wimmelte es bereits von Apparaten aus Plastik und Blech, die Lebewesen imitieren wollen. Feature-Autor Walter Filz hat sich gefragt, wie diese immer anthropomorpher werdenden Apparate in Zukunft wohl mit uns kommunizieren. Wie klingen die sozialen Roboter, die bald unsere Welt bevölkern? Mit welchen Stimmen sprechen sie zu uns? Für sein amüsantes Feature „Red kein Blech! Oder: die Stimme der Androiden“ hat sich Filz in Kinoarchiven umgehört, aber auch die Soundlabors der Roboteringenieure besucht. Während die frühen Kinoroboter noch irgendwie blechern schnarrten, geht der Trend heute zu sanft säuselnden Unisex-Stimmen, deren Künstlichkeit nur noch Eingeweihte erkennen können (Deutschlandfunk, 13. November, 20 Uhr 05).

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Welche Stimmen mag der Amerikaner Theodore Kaczynski in seiner Waldeinsamkeit gehört haben? Als er Sprengstoffpakete für Universitäten und Fluggesellschaften schnürte, um damit den technischen Fortschritt zu stoppen. Kaczynski ging als Unabomber in die Geschichte ein, fast zwei Jahrzehnte hat ihn das FBI gejagt, bevor der eigene Bruder den entscheidenden Tipp gab. Man kann Kaczynskis mehr als hundertseitiges Manifest wider die westliche Zivilisation im Internet nachlesen. Ein Dokument, in dem sich Ratio und gewalttätiger Wahn heftig mischen. „1-800-701-Bomb“ heißt Hermann-Christoph Müllers spannendes Feature, das der Wandlung eines Universitätsprofessors zum mörderischen Waldschrat nachspürt (Deutschlandradio Kultur, 14. November, 0 Uhr 05)

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