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Medien: Klage gegen Springer: "Ich will nichts als mein Recht"

Er fuhr im schwarz-roten Smart mit Schiebedach vor, auf der Beifahrerseite sein Anwalt, Matthias Prinz. Peter Boenisch kam am Dienstag pünktlich um 13 Uhr zu seinem Gütetermin beim Arbeitsgericht Berlin.

Er fuhr im schwarz-roten Smart mit Schiebedach vor, auf der Beifahrerseite sein Anwalt, Matthias Prinz. Peter Boenisch kam am Dienstag pünktlich um 13 Uhr zu seinem Gütetermin beim Arbeitsgericht Berlin. Doch es verging fast eine dreiviertel Stunde, bis er dran kam. Sein Termin war der letzte dieses Verhandlungstages. Die Zeit nutzte Boenisch für die Fragen der mit ihm wartenden Journalisten. Die erste betraf allerdings nicht ihn, sondern seine Frau Julia. "Nein", sagte Peter Boenisch, auch seine Frau schreibe nicht mehr für die "Welt am Sonntag", sie habe sich mit dem Axel Springer Verlag verglichen. Die Entscheidung des Chefredakteurs verstehe er nicht, sagt Boenisch.

Aber es ging am Dienstag nicht um Julia, sondern um Peter Boenisch. Auch da versteht er nicht, warum ihm Springer gekündigt habe. "Wenn man sich trennen will, kann man das doch sagen." Der von Springer vorgebrachte Kündigungsgrund sei jedenfalls keiner. Er habe keinen Vertragsbruch begangen. "Ich will mein Recht, nichts als mein Recht", sagt er. Nach über 40 Jahren Verlagszugehörigkeit lasse er sich nicht einfach "mit einem Tritt" verabschieden.

Peter Boenisch hatte in der "Süddeutschen Zeitung" vom 29. Mai gegen die Reduzierung der "SZ"-Bordexemplare durch die Lufthansa Stellung bezogen. Der Grund für die Reduzierung soll die negative Berichterstattung der Zeitung gewesen sein. "SZ"-Verleger Hanns-Jörg Dürrmeier hatte zuvor bei einer Tauffeier Boenisch gebeten, sich zu diesem "Angriff auf die Pressefreiheit" als "elder statesman" des Journalismus zu äußern. Den in der "SZ" veröffentlichten Text gab Boenisch telefonisch durch. Am 8. Juni kündigte ihm Springer-Vorstandschef August Fischer. Per Telefon. Das Argument: In dem erst wenige Wochen zuvor für die Dauer von fünf Jahren geschlossenen Autoren- und Beratervertrag sei geregelt, dass Boenisch nur mit Fischers Zustimmung für Springer-fremde Publikationen schreiben dürfe. Später kam hinzu, dass Boenisch Illoyalität, Intrigen und Indiskretionen vorgeworfen wurde; der künftige Vorstandschef Mathias Döpfner könne nicht mit Boenisch zusammenarbeiten. Schon einige Wochen zuvor, am 30. April, war Boenisch aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden, um wieder mit freiem Kopf und journalistisch unabhängig schreiben zu können. Springer bestritt, dass dies mit Boenischs "Bild"-Kommentar zu tun gehabt habe, in dem er Verständnis für Joschka Fischers Vergangenheit und die 68er-Generation äußerte und das damalige Verhalten der Springer-Zeitungen kritisierte. Stattdessen hieß es, er würde sich als "Märtyrerlegende" aufspielen. Da wundert sich Boenisch, wie es überhaupt dazu kam, dass Fischer in seinem Vertrag noch handschriftlich hinzufügte, er freue sich auf die Zusammenarbeit mit ihm. Auch Döpfner habe ihm damals gesagt, es sei doch dumm, würde er auf Boenischs Erfahrungen und Kenntnisse verzichten. Manchmal geht es eben ganz schnell.

Das Gericht wollte am Dienstag zunächst den Streitgegenstand und die Zuständigkeit geklärt wissen. Springer, vertreten durch Joachim Littig vom Anwaltsbüro Quack, betrachtet Boenischs Klage als unzulässig. Boenisch sei gar kein Arbeitnehmer, sagte Littig, ein junger Mann mit streng zurückgegeltem Haar, schnippisch. Boenisch stehe in keiner persönlichen Abhängigkeit zum Verlag, er habe auf Eigeninitiative hin schreiben können, Vorgaben habe es keine gegeben. Boenisch hörte sich das eine Zeitlang mit errötenden Wangen an und widersprach: "Es ist absurd, was Sie da sagen. Ich nehme Ihnen das nicht übel, das hat man Ihnen vielleicht so erzählt, aber es hat mit den Tatsachen nicht das Geringste zu tun." Er sei wie jedes Redaktionsmitglied jederzeit verfügbar gewesen, auch in der Freizeit, auch sonntags. Nahezu täglich seien von ihm Arbeitsleistungen abgefordert worden. Matthias Prinz fügte hinzu, dass Boenisch vertragsgemäß jegliche andere Tätigkeit untersagt war, der Arbeitnehmerstatus sei also auf den ersten Blick erkennbar. Springer-Anwalt Littig widersprach wieder schnippisch-ablehnend und argumentierte, im ersten Quartal 2001 habe Boenisch im Schnitt einen Artikel pro Woche für die Kommentar-Seite 2 geschrieben, dies entspreche nicht dem Leistungsumfang eines Arbeitnehmers. Boenisch daraufhin gereizt: "Was kann ich dafür, dass die Seite 2 in dieser Zeit neu konzipiert wurde. Fast täglich habe ich mit den Chefredakteuren, vor allem der "Bild"-Gruppe, telefoniert, das tut kein freier Mitarbeiter. Und jetzt rede ich wie ein Journalist, aber wenn Sie recherchiert hätten, hätten Sie das erfahren."

Boenisch bleibt dabei. Er pocht auf Einhaltung seines Vertrages. Es kam von keinem der Seiten zu einem gütlichen Vorschlag. Die Vorsitzende Richterin Anna-Katharina Köster forderte Prinz auf, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen, Springer müsse danach binnen von drei Wochen den Schriftsatz erwidern. Ein neuer Termin wurde nicht angesetzt, Köster hofft auf ein schriftliches Verfahren.

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