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Medien: Kleist und ein Zierfisch

IM RADIO Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten Morgen ist Totensonntag. Obwohl die Menschheit bekanntlich nicht gern an diese Dinge erinnert wird.

IM RADIO

Tom Peuckert verrät, was

Sie nicht verpassen sollten

Morgen ist Totensonntag. Obwohl die Menschheit bekanntlich nicht gern an diese Dinge erinnert wird. Die einen halten sich sowieso für unsterblich, die anderen glauben, dass noch unendlich viel Zeit zur Verfügung steht. Wir aber machen pflichtschuldigst auf ein paar interessante Sendungen zum großen Thema aufmerksam. Wer en detail erfahren möchte, wie Sterben vor sich geht, sei auf Gotthard Schmidts Feature „Stundenbuch des Todes“ verwiesen. Ein präziser Bericht über die letzten Dinge. Das Ende der Atmung, das Erlöschen des Herzschlags und das Versiegen der Hirnströme sind ja nur Makroprozesse, an die Mediziner sich bei ihren Diagnosen halten. Schmidts Feature analysiert die Vorgänge subtiler. Als dialektisches Drama auf allen Körperebenen. Wie der Tod sich in das Fleisch hineinfrisst und der Körper zur letzten Gegenwehr antritt. Eine finale Schlacht, bei der Offensiven und Gegenoffensiven gestartet werden, aber am Ende die Frontdurchbrüche immer großflächiger werden. Einerseits grauenhaft. Andererseits vollkommen unabwendbar. Jeder Protest wird mit kosmischem Gelächter beantwortet (Deutschlandradio, 26. November, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

In Karl-Heinz Böllings Hörspiel „Das ewige schöne Leben“ hören wir zwei Witwen, ihre verstorbenen Ehemänner und einen Pfarrer, der betrunken ist. Handlungszeit ist der letzte Totensonntag im alten Jahrtausend. Natürlich geht es auch hier um die Endlichkeit aller Dinge. Aber Bölling nimmt es mit schwarzem Humor. Seine lebenden und toten Figuren sind nämlich mit ganz unsterblichen Problemen beschäftigt. Dürfen hinterlassene Zierfische einfach ins Klo gekippt werden? Wie kann eine Witwe sich wehren, wenn andere Witwen Laub auf das Grab ihres Mannes harken? Worüber plaudern tote Ehemänner in ihren Särgen (Radio Kultur, 28. November, 21 Uhr, UKW 92,4 MHz)?

Heinrich von Kleist hatte schon mit 34 Jahren genug vom Leben. Die Einsamkeit des Sterbens suchte er zu mildern, indem er sich Gesellschaft verschaffte. Henriette Vogel hieß die Frau, die sein Los teilen wollte. Kurz vorm Ende ließen sich beide Kaffee in eine stille Bucht am Wannsee servieren. Reto Finger imaginiert in seinem Hörspiel „Letzte Stunde“ diese Szene. Preußische Träume auf der Straße ins Jenseits (SWR 2, 23. November, 16 Uhr 05, Kabel UKW 107,85 MHz).

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